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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  A-Z

 

tterchens viel mehr niedergeschlagen als dich. – Aber weil wir gerade bei dieser Sache halten, bei diesem Brief, so bitte ich dich, Georg, t?usche mich nicht. Es ist eine Kleinigkeit, es ist nicht des Atems wert, also t?usche mich nicht. Hast du wirklich diesen Freund in Petersburg?«
Georg stand verlegen auf. »Lassen wir meine Freunde sein. Tausend Freunde ersetzen mir nicht meinen Vater. Wei?t du, was ich glaube? Du schonst dich nicht genug. Aber das Alter verlangt seine Rechte. Du bist mir im Gesch?ft unentbehrlich, das wei?t du ja sehr genau, aber wenn das Gesch?ft deine Gesundheit bedrohen sollte, sperre ich es noch morgen f?r immer. Das geht nicht. Wir m?ssen da eine andere Lebensweise f?r dich einf?hren. Aber von Grund aus. Du sitzt hier im Dunkel und im Wohnzimmer h?ttest du sch?nes Licht. Du nippst vom Fr?hst?ck, statt dich ordentlich zu st?rken. Du sitzt bei geschlossenem Fenster und die Luft w?rde dir so gut tun. Nein, mein Vater! Ich werde den Arzt holen und seinen Vorschriften werden wir folgen. Die Zimmer werden wir wechseln, du wirst ins Vorderzimmer ziehen, ich hierher. Es wird keine Ver?nderung f?r dich sein, alles wird mit ?bertragen werden. Aber das alles hat Zeit, jetzt lege dich noch ein wenig ins Bett, du brauchst unbedingt Ruhe. Komm, ich werde dir beim Ausziehn helfen, du wirst sehn, ich kann es. Oder willst du gleich ins Vorderzimmer gehn, dann legst du dich vorl?ufig in mein Bett. Das w?re ?brigens sehr vern?nftig.«
Georg stand knapp neben seinem Vater, der den Kopf mit dem struppigen wei?en Haar auf die Brust hatte sinken lassen.
»Georg«, sagte der Vater leise, ohne Bewegung.
Georg kniete sofort neben dem Vater nieder, er sah die Pupillen in dem m?den Gesicht des Vaters ?bergro? in den Winkeln der Augen auf sich gerichtet.
»Du hast keinen Freund in Petersburg. Du bist immer ein Spa?macher gewesen und hast dich auch mir gegen?ber nicht zur?ckgehalten. Wie solltest du denn gerade dort einen Freund haben! Das kann ich gar nicht glauben.«
»Denk doch noch einmal nach, Vater«, sagte Georg, hob den Vater vom Sessel und zog ihm, wie er nun doch recht schwach dastand, den Schlafrock aus, »jetzt wird es bald drei Jahre her sein, da war ja mein Freund bei uns zu Besuch. Ich erinnere mich noch, da? du ihn nicht besonders gern hattest. Wenigstens zweimal habe ich ihn vor dir verleugnet, trotzdem er gerade bei mir im Zimmer sa?. Ich konnte ja deine Abneigung gegen ihn ganz gut verstehn, mein Freund hat seine Eigent?mlichkeiten. Aber dann hast du dich doch auch wieder ganz gut mit ihm unterhalten. Ich war damals noch so stolz darauf, da? du ihm zuh?rtest, nicktest und fragtest. Wenn du nachdenkst, mu?t du dich erinnern. Er erz?hlte damals unglaubliche Geschichten von der russischen Revolution. Wie er z. B. auf einer Gesch?ftsreise in Kiew bei einem Tumult einen Geistlichen auf einem Balkon gesehen hatte, der sich ein breites Blutkreuz in die flache Hand schnitt, diese Hand erhob und die Menge anrief. Du hast ja selbst diese Geschichte hie und da wiedererz?hlt.«
W?hrenddessen war es Georg gelungen, den Vater wieder niederzusetzen und ihm die Trikothose, die er ?ber den Leinenunterhosen trug, sowie die Socken vorsichtig auszuziehn. Beim Anblick der nicht besonders reinen W?sche machte er sich Vorw?rfe, den Vater vernachl?ssigt zu haben. Es w?re sicherlich auch seine Pflicht gewesen, ?ber den W?schewechsel seines Vaters zu wachen. Er hatte mit seiner Braut dar?ber, wie sie die Zukunft des Vaters einrichten wollten, noch nicht ausdr?cklich gesprochen, denn sie hatten stillschweigend vorausgesetzt, da? der Vater allein in der alten Wohnung bleiben w?rde. Doch jetzt entschlo? er sich kurz mit aller Bestimmtheit, den Vater in seinen k?nftigen Haushalt mitzunehmen. Es schien ja fast, wenn man genauer zusah, da? die Pflege, die dort dem Vater bereitet werden sollte, zu sp?t kommen k?nnte.
Auf seinen Armen trug er den Vater ins Bett. Ein schreckliches Gef?hl hatte er, als er w?hrend der paar Schritte zum Bett hin merkte, da? an seiner Brust der Vater mit seiner Uhrkette spiele. Er konnte ihn nicht gleich ins Bett legen, so fest hielt er sich an dieser Uhrkette.
Kaum war er aber im Bett, schien alles gut. Er deckte sich selbst zu und zog dann die Bettdecke noch besonders weit ?ber die Schulter. Er sah nicht unfreundlich zu Georg hinauf.
»Nicht wahr, du erinnerst dich schon an ihn?« fragte Georg und nickte ihm aufmunternd zu.
»Bin ich jetzt gut zugedeckt?« fragte der Vater, als k?nne er nicht nachschauen, ob die F??e genug bedeckt seien.
»Es gef?llt dir also schon im Bett«, sagte Georg und legte das Deckzeug besser um ihn.
»Bin ich gut zugedeckt?« fragte der Vater noch einmal und schien auf die Antwort besonders aufzupassen.
»Sei nur ruhig, du bist gut zugedeckt.«
»Nein!« rief der Vater, da? die Antwort an die Frage stie?, warf die Decke zur?ck mit einer Kraft, da? sie einen Augenblick im Fluge sich ganz entfaltete, und stand aufrecht im Bett. Nur eine Hand hielt er leicht an den Plafond. »Du wolltest mich zudecken, das wei? ich, mein Fr?chtchen, aber zugedeckt bin ich noch nicht. Und ist es auch die letzte Kraft, genug f?r dich, zuviel f?r dich. Wohl kenne ich deinen Freund. Er w?re ein Sohn nach meinem Herzen. Darum hast du ihn auch betrogen die ganzen Jahre lang. Warum sonst? Glaubst du, ich habe nicht um ihn geweint? Darum doch sperrst du dich in dein Bureau, niemand soll st?ren, der Chef ist besch?ftigt – nur damit du deine falschen Briefchen nach Ru?land schreiben kannst. Aber den Vater mu? gl?cklicherweise niemand lehren, den Sohn zu durchschauen. Wie du jetzt geglaubt hast, du h?ttest ihn untergekriegt, so untergekriegt, da? du dich mit deinem Hintern auf ihn setzen kannst und er r?hrt sich nicht, da hat sich mein Herr Sohn zum Heiraten entschlossen!«
Georg sah zum Schreckbild seines Vaters auf. Der Petersburger Freund, den der Vater pl?tzlich so gut kannte, ergriff ihn, wie noch nie. Verloren im weiten Ru?land sah er ihn. An der T?re des leeren, ausgeraubten Gesch?ftes sah er ihn. Zwischen den Tr?mmern der Regale, den zerfetzten Waren, den fallenden Gasarmen stand er gerade noch. Warum hatte er so weit wegfahren m?ssen!
»Aber schau mich an!« rief der Vater, und Georg lief, fast zerstreut, zum Bett, um alles zu fassen, stockte aber in der Mitte des Weges.
»Weil sie die R?cke gehoben hat«, fing der Vater zu fl?ten an, »weil sie die R?cke so gehoben hat, die widerliche Gans«, und er hob, um das darzustellen, sein Hemd so hoch, da? man auf seinem Oberschenkel die Narbe aus seinen Kriegsjahren sah, »weil sie die R?cke so und so und so gehoben hat, hast du dich an sie herangemacht, und damit du an ihr ohne St?rung dich befriedigen kannst, hast du unserer Mutter Andenken gesch?ndet, den Freund verraten und deinen Vater ins Bett gesteckt, damit er sich nicht r?hren kann. Aber kann er sich r?hren oder nicht?« Und er stand vollkommen frei und warf die Beine. Er strahlte vor Einsicht.
Georg stand in einem Winkel, m?glichst weit vom Vater. Vor einer langen Weile hatte er sich fest entschlossen, alles vollkommen genau zu beobachten, damit er nicht irgendwie auf Umwegen, von hinten her, von oben herab ?berrascht werden k?nne. Jetzt erinnerte er sich wieder an den l?ngst vergessenen Entschlu? und verga? ihn, wie man einen kurzen Faden durch ein Nadel?hr zieht.
»Aber der Freund ist nun doch nicht verraten!« rief der Vater, und sein hin– und herbewegter Zeigefinger bekr?ftigte es. »Ich war sein Vertreter hier am Ort.«
»Kom?diant!« konnte sich Georg zu rufen nicht enthalten, erkannte sofort den Schaden und bi?, nur zu sp?t, – die Augen erstarrt – in seine Zunge, da? er vor Schmerz einknickte.
»Ja, freilich habe ich Kom?die gespielt! Kom?die! Gutes Wort! Welcher andere Trost blieb dem alten verwitweten Vater? Sag' – und f?r den Augenblick der Antwort sei du noch mein lebender Sohn -, was blieb mir ?brig, in meinem Hinterzimmer, verfolgt vom ungetreuen Personal, alt bis in die Knochen? Und mein Sohn ging im Jubel durch die Welt, schlo? Gesch?fte ab, die ich vorbereitet hatte, ?berpurzelte sich vor Vergn?gen und ging vor seinem Vater mit dem verschlossenen Gesicht eines Ehrenmannes davon! Glaubst du, ich h?tte dich nicht geliebt, ich, von dem du ausgingst?«
»Jetzt wird er sich vorbeugen«, dachte Georg, »wenn er fiele und zerschmetterte!« Dieses Wort durchzischte seinen Kopf.
Der Vater beugte sich vor, fiel aber nicht. Da Georg sich nicht n?herte, wie er erwartet hatte, erhob er sich wieder.
»Bleib', wo du bist, ich brauche dich nicht! Du denkst, du hast noch die Kraft, hierher zu kommen und h?ltst dich blo? zur?ck, weil du so willst. Da? du dich nicht irrst! Ich bin noch immer der viel St?rkere. Allein h?tte ich vielleicht zur?ckweichen m?ssen, aber so hat mir die Mutter ihre Kraft abgegeben, mit deinem Freund habe ich mich herrlich verbunden, deine Kundschaft habe ich hier in der Tasche!«
»Sogar im Hemd hat er Taschen!« sagte sich Georg und glaubte, er k?nne ihn mit dieser Bemerkung in der ganzen Welt unm?glich machen. Nur einen Augenblick dachte er das, denn immerfort verga? er alles.
»H?ng' dich nur in deine Braut ein und komm' mir entgegen! Ich fege sie dir von der Seite weg, du wei?t nicht wie!«
Georg machte Grimassen, als glaube er das nicht. Der Vater nickte blo?, die Wahrheit dessen, was er sagte, beteuernd, in Georgs Ecke hin.
»Wie hast du mich doch heute unterhalten, als du kamst und fragtest, ob du deinem Freund von der Verlobung schreiben sollst. Er wei? doch alles, dummer Junge, er wei? doch alles! Ich schrieb ihm doch, weil du vergessen hast, mir das Schreibzeug wegzunehmen. Darum kommt er schon seit Jahren nicht, er wei? ja alles hundertmal besser als du selbst, deine Briefe zerkn?llt er ungelesen in der linken Hand, w?hrend er in der Rechten meine Briefe zum Lesen sich vorh?lt!«
Seinen Arm schwang er vor Begeisterung ?ber dem Kopf. »Er wei? alles tausendmal besser!« rief er.
»Zehntausendmal!« sagte Georg, um den Vater zu verlachen, aber noch in seinem Munde bekam das Wort einen toternsten Klang.
»Seit Jahren passe ich schon auf, da? du mit dieser Frage k?mest! Glaubst du, mich k?mmert etwas anderes? Glaubst du, ich lese Zeitungen? Da!« und er warf Georg ein Zeitungsblatt, das irgendwie mit ins Bett getragen worden war, zu. Eine alte Zeitung, mit einem Georg schon ganz unbekannten Namen.
»Wie lange hast du gez?gert, ehe du reif geworden bist! Die Mutter mu?te sterben, sie konnte den Freudentag nicht erleben, der Freund geht zugrunde in seinem Ru?land, schon vor drei Jahren war er gelb zum Wegwerfen, und ich, du siehst ja, wie es mit mir steht. Daf?r hast du doch Augen!«
»Du hast mir also aufgelauert!« rief Georg.
Mitleidig sagte der Vater nebenbei: »Das wolltest du wahrscheinlich fr?her sagen. Jetzt pa?t es ja gar nicht mehr.«
Und lauter: »Jetzt wei?t du also, was es noch au?er dir gab, bisher wu?test du nur von dir! Ein unschuldiges Kind warst du ja eigentlich, aber noch eigentlicher warst du ein teuflischer Mensch! – Und darum wisse: Ich verurteile dich jetzt zum Tode des Ertrinkens!«
Georg f?hlte sich aus dem Zimmer gejagt, den Schlag, mit dem der Vater hinter ihm aufs Bett st?rzte, trug er noch in den Ohren davon. Auf der Treppe, ?ber deren Stufen er wie ?ber eine schiefe Fl?che eilte, ?berrumpelte er seine Bedienerin, die im Begriffe war heraufzugehen, um die Wohnung nach der Nacht aufzur?umen.
»Jesus!« rief sie und verdeckte mit der Sch?rze das Gesicht, aber er war schon davon. Aus dem Tor sprang er, ?ber die Fahrbahn zum Wasser trieb es ihn. Schon hielt er das Gel?nder fest, wie ein Hungriger die Nahrung. Er schwang sich ?ber, als der ausgezeichnete Turner, der er in seinen Jugendjahren zum Stolz seiner Eltern gewesen war. Noch hielt er sich mit schw?cher werdenden H?nden fest, ersp?hte zwischen den Gel?nderstangen einen Autoomnibus, der mit Leichtigkeit seinen Fall ?bert?nen w?rde, rief leise: »Liebe Eltern, ich habe euch doch immer geliebt«, und lie? sich hinfallen.
In diesem Augenblick ging ?ber die Br?cke ein geradezu unendlicher Verkehr.

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