hnlichen Schlaf. Er w?re gewi? nicht viel sp?ter auch ohne St?rung erwacht, denn er f?hlte sich gen?gend ausgeruht und ausgeschlafen, doch schien es ihm, als h?tte ihn ein fl?chtiger Schritt und ein vorsichtiges Schlie?en der zum Vorzimmer f?hrenden T?r geweckt. Der Schein der elektrischen Stra?enlampen lag bleich hier und da auf der Zimmerdecke und auf den h?heren Teilen der M?bel, aber unten bei Gregor war es finster. Langsam schob er sich, noch ungeschickt mit seinen F?hlern tastend, die er erst jetzt sch?tzen lernte, zur T?re hin, um nachzusehen, was dort geschehen war. Seine linke Seite schien eine einzige lange, unangenehm spannende Narbe und er mu?te auf seinen zwei Beinreihen regelrecht hinken. Ein Beinchen war ?brigens im Laufe der vormitt?gigen Vorf?lle schwer verletzt worden – es war fast ein Wunder, da? nur eines verletzt worden war – und schleppte leblos nach.
Erst bei der T?r merkte er, was ihn dorthin eigentlich gelockt hatte; es war der Geruch von etwas E?barem gewesen. Denn dort stand ein Napf mit s??er Milch gef?llt, in der kleine Schnitten von Wei?brot schwammen. Fast h?tte er vor Freude gelacht, denn er hatte noch gr??eren Hunger, als am Morgen, und gleich tauchte er seinen Kopf fast bis ?ber die Augen in die Milch hinein. Aber bald zog er ihn entt?uscht wieder zur?ck; nicht nur, da? ihm das Essen wegen seiner heiklen linken Seite Schwierigkeiten machte – und er konnte nur essen, wenn der ganze K?rper schnaufend mitarbeitete – , so schmeckte ihm ?berdies die Milch, die sonst sein Lieblingsgetr?nk war, und die ihm gewi? die Schwester deshalb hereingestellt hatte, gar nicht, ja er wandte sich fast mit Widerwillen von dem Napf ab und kroch in die Zimmermitte zur?ck.
Im Wohnzimmer war, wie Gregor durch die T?rspalte sah, das Gas angez?ndet, aber w?hrend sonst zu dieser Tageszeit der Vater seine nachmittags erscheinende Zeitung der Mutter und manchmal auch der Schwester mit erhobener Stimme vorzulegen pflegte, h?rte man jetzt keinen Laut. Nun vielleicht war dieses Vorlesen, von dem ihm die Schwester immer erz?hlte und schrieb, in der letzten Zeit ?berhaupt aus der ?bung gekommen. Aber auch ringsherum war es so still, trotzdem doch gewi? die Wohnung nicht leer war. »Was f?r ein stilles Leben die Familie doch f?hrte«, sagte sich Gregor und f?hlte, w?hrend er starr vor sich ins Dunkle sah, einen gro?en Stolz dar?ber, da? er seinen Eltern und seiner Schwester ein solches Leben in einer so sch?nen Wohnung hatte verschaffen k?nnen. Wie aber, wenn jetzt alle Ruhe, aller Wohlstand, alle Zufriedenheit ein Ende mit Schrecken nehmen sollte? Um sich nicht in solche Gedanken zu verlieren, setzte sich Gregor lieber in Bewegung und kroch im Zimmer auf und ab.
Einmal w?hrend des langen Abends wurde die eine Seitent?re und einmal die andere bis zu einer kleinen Spalte ge?ffnet und rasch wieder geschlossen; jemand hatte wohl das Bed?rfnis hereinzukommen, aber auch wieder zuviele Bedenken. Gregor machte nun unmittelbar bei der Wohnzimmert?r halt, entschlossen, den z?gernden Besucher doch irgendwie hereinzubringen oder doch wenigstens zu erfahren, wer es sei; aber nun wurde die T?r nicht mehr ge?ffnet und Gregor wartete vergebens. Fr?h, als die T?ren versperrt waren, hatten alle zu ihm hereinkommen wollen, jetzt, da er die eine T?r ge?ffnet hatte und die anderen offenbar w?hrend des Tages ge?ffnet worden waren, kam keiner mehr, und die Schl?ssel steckten nun auch von au?en.
Sp?t erst in der Nacht wurde das Licht im Wohnzimmer ausgel?scht, und nun war leicht festzustellen, da? die Eltern und die Schwester so lange wachgeblieben waren, denn wie man genau h?ren konnte, entfernten sich jetzt alle drei auf den Fu?spitzen. Nun kam gewi? bis zum Morgen niemand mehr zu Gregor herein; er hatte also eine lange Zeit, um ungest?rt zu ?berlegen, wie er sein Leben jetzt neu ordnen sollte. Aber das hohe freie Zimmer, in dem er gezwungen war, flach auf dem Boden zu liegen, ?ngstigte ihn, ohne da? er die Ursache herausfinden konnte, denn es war ja sein seit f?nf Jahren von ihm bewohntes Zimmer – und mit einer halb unbewu?ten Wendung und nicht ohne eine leichte Scham eilte er unter das Kanapee, wo er sich, trotzdem sein R?cken ein wenig gedr?ckt wurde und trotzdem er den Kopf nicht mehr erheben konnte, gleich sehr behaglich f?hlte und nur bedauerte, da? sein K?rper zu breit war, um vollst?ndig unter dem Kanapee untergebracht zu werden.
Dort blieb er die ganze Nacht, die er zum Teil im Halbschlaf, aus dem ihn der Hunger immer wieder aufschreckte, verbrachte, zum Teil aber in Sorgen und undeutlichen Hoffnungen, die aber alle zu dem Schlusse f?hrten, da? er sich vorl?ufig ruhig verhalten und durch Geduld und gr??te R?cksichtnahme der Familie die Unannehmlichkeiten ertr?glich machen m?sse, die er ihr in seinem gegenw?rtigen Zustand nun einmal zu verursachen gezwungen war.
Schon am fr?hen Morgen, es war fast noch Nacht, hatte Gregor Gelegenheit, die Kraft seiner eben gefa?ten Entschl?sse zu pr?fen, denn vom Vorzimmer her ?ffnete die Schwester, fast v?llig angezogen, die T?r und sah mit Spannung herein. Sie fand ihn nicht gleich, aber als sie ihn unter dem Kanapee bemerkte – Gott, er mu?te doch irgendwo sein, er hatte doch nicht wegfliegen k?nnen – erschrak sie so sehr, da? sie, ohne sich beherrschen zu k?nnen, die T?r von au?en wieder zuschlug. Aber als bereue sie ihr Benehmen, ?ffnete sie die T?r sofort wieder und trat, als sei sie bei einem Schwerkranken oder gar bei einem Fremden, auf den Fu?spitzen herein. Gregor hatte den Kopf bis knapp zum Rande des Kanapees vorgeschoben und beobachtete sie. Ob sie wohl bemerken w?rde, da? er die Milch stehen gelassen hatte, und zwar keineswegs aus Mangel an Hunger, und ob sie eine andere Speise hereinbringen w?rde, die ihm besser entsprach? T?te sie es nicht von selbst, er wollte lieber verhungern, als sie darauf aufmerksam machen, trotzdem es ihn eigentlich ungeheuer dr?ngte, unterm Kanapee vorzuschie?en, sich der Schwester zu F??en zu werfen und sie um irgendetwas Gutes zum Essen zu bitten. Aber die Schwester bemerkte sofort mit Verwunderung den noch vollen Napf, aus dem nur ein wenig Milch ringsherum versch?ttet war, sie hob ihn gleich auf, zwar nicht mit den blo?en H?nden, sondern mit einem Fetzen, und trug ihn hinaus. Gregor war ?u?erst neugierig, was sie zum Ersatz bringen w?rde, und er machte sich die verschiedensten Gedanken dar?ber. Niemals aber h?tte er erraten k?nnen, was die Schwester in ihrer G?te wirklich tat. Sie brachte ihm, um seinen Geschmack zu pr?fen, eine ganze Auswahl, alles auf einer alten Zeitung ausgebreitet. Da war altes halbverfaultes Gem?se; Knochen vom Nachtmahl her, die von festgewordener wei?er Sauce umgeben waren; ein paar Rosinen und Mandeln; ein K?se, den Gregor vor zwei Tagen f?r ungenie?bar erkl?rt hatte; ein trockenes Brot, ein mit Butter beschmiertes und gesalzenes Brot. Au?erdem stellte sie zu dem allen noch den wahrscheinlich ein f?r allemal f?r Gregor bestimmten Napf, in den sie Wasser gegossen hatte. Und aus Zartgef?hl, da sie wu?te, da? Gregor vor ihr nicht essen w?rde, entfernte sich eiligst und drehte sogar den Schl?ssel um, damit nur Gregor merken k?nne, da? er es so behaglich machen d?rfe, wie er wolle. Gregors Beinchen schwirrten, als es jetzt zum Essen ging. Seine Wunden mu?ten ?brigens auch schon vollst?ndig geheilt sein, er f?hlte keine Behinderung mehr, er staunte dar?ber und dachte daran, wie er vor mehr als einem Monat sich mit dem Messer ganz wenig in den Finger geschnitten, und wie ihm diese Wunde noch vorgestern genug weh getan hatte.
»Sollte ich jetzt weniger Feingef?hl haben?«, dachte er und saugte schon gierig an dem K?se, zu dem es ihn vor allen anderen Speisen sofort und nachdr?cklich gezogen hatte. Rasch hintereinander und mit vor Befriedigung tr?nenden Augen verzehrte er den K?se, das Gem?se und die Sauce; die frischen Speisen dagegen schmeckten ihm nicht, er konnte nicht einmal ihren Geruch vertragen und schleppte sogar die Sachen, die er essen wollte, ein St?ckchen weiter weg. Er war schon l?ngst mit allem fertig und lag nun faul auf der gleichen Stelle, als die Schwester zum Zeichen, da? er sich zur?ckziehen solle, langsam den Schl?ssel umdrehte. Das schreckte ihn sofort auf, trotzdem er schon fast schlummerte, und er eilte wieder unter das Kanapee. Aber es kostete ihn gro?e Selbst?berwindung, auch nur die kurze Zeit, w?hrend welcher die Schwester im Zimmer war, unter dem Kanapee zu bleiben, denn von dem reichlichen Essen hatte sich sein Leib ein wenig gerundet und er konnte dort in der Enge kaum atmen. Unter kleinen Erstickungsanf?llen sah er mit etwas hervorgequollenen Augen zu, wie die nichtsahnende Schwester mit einem Besen nicht nur die ?berbleibsel zusammenkehrte, sondern selbst die von Gregor gar nicht ber?hrten Speisen, als seien also auch diese nicht mehr zu gebrauchen, und wie sie alles hastig in einen K?bel sch?ttete, den sie mit einem Holzdeckel schlo?, worauf sie alles hinaustrug. Kaum hatte sie sich umgedreht, zog sich schon Gregor unter dem Kanapee hervor und streckte und bl?hte sich.
Auf diese Weise bekam nun Gregor t?glich sein Essen, einmal am Morgen, wenn die Eltern und das Dienstm?dchen noch schliefen, das zweitemal nach dem allgemeinen Mittagessen, denn dann schliefen die Eltern gleichfalls noch ein Weilchen, und das Dienstm?dchen wurde von der Schwester mit irgendeiner Besorgung weggeschickt. Gewi? wollten auch sie nicht, da? Gregor verhungere, aber vielleicht h?tten sie es nicht ertragen k?nnen, von seinem Essen mehr als durch H?rensagen zu erfahren, vielleicht wollte die Schwester ihnen auch eine m?glicherweise nur kleine Trauer ersparen, denn tats?chlich litten sie ja gerade genug.
Mit welchen Ausreden man an jenem ersten Vormittag den Arzt und den Schlosser wieder aus der Wohnung geschafft hatte, konnte Gregor gar nicht erfahren, denn da er nicht verstanden wurde, dachte niemand daran, auch die Schwester nicht, da? er die anderen verstehen k?nne, und so mu?te er sich, wenn die Schwester in seinem Zimmer war, damit begn?gen, nur hier und da ihre Seufzer und Anrufe der Heiligen zu h?ren. Erst sp?ter, als sie sich ein wenig an alles gew?hnt hatte – von vollst?ndiger Gew?hnung konnte nat?rlich niemals die Rede sein – , erhaschte Gregor manchmal eine Bemerkung, die freundlich gemeint war oder so gedeutet werden konnte. »Heute hat es ihm aber geschmeckt«, sagte sie, wenn Gregor unter dem Essen t?chtig aufger?umt hatte, w?hrend sie im gegenteiligen Fall, der sich allm?hlich immer h?ufiger wiederholte, fast traurig zu sagen pflegte: »Nun ist wieder alles stehengeblieben.«
W?hrend aber Gregor unmittelbar keine Neuigkeit erfahren konnte, erhorchte er manches aus den Nebenzimmern, und wo er nur einmal Stimmen h?rte, lief er gleich zu der betreffenden T?r und dr?ckte sich mit ganzem Leib an sie. Besonders in der ersten Zeit gab es kein Gespr?ch, das nicht irgendwie, wenn auch nur im geheimen, von ihm handelte. Zwei Tage lang waren bei allen Mahlzeiten Beratungen dar?ber zu h?ren, wie man sich jetzt verhalten solle; aber auch zwischen den Mahlzeiten sprach man ?ber das gleiche Thema, denn immer waren zumindest zwei Familienmitglieder zu Hause, da wohl niemand allein zu Hause bleiben wollte und man die Wohnung doch auf keinen Fall g?nzlich verlassen konnte. Auch hatte das Dienstm?dchen gleich am ersten Tag – es war nicht ganz klar, was und wieviel sie von dem Vorgefallenen wu?te – knief?llig die Mutter gebeten, sie sofort zu entlassen, und als sie sich eine Viertelstunde danach verabschiedete, dankte sie f?r die Entlassung unter Tr?nen, wie f?r die gr??te Wohltat, die man ihr hier erwiesen hatte, und gab, ohne da? man es von ihr verlangte, einen f?rchterlichen Schwur ab, niemandem auch nur das Geringste zu verraten.
Nun mu?te die Schwester im Verein mit der Mutter auch kochen; allerdings machte das nicht viel M?he, denn man a? fast nichts. Immer wieder h?rte Gregor, wie der eine den anderen vergebens zum Essen aufforderte und keine andere Antwort bekam, als: »Danke, ich habe genug« oder etwas ?hnliches. Getrunken wurde vielleicht auch nichts. ?fters fragte die Schwester den Vater, ob er Bier haben wolle, und herzlich erbot sie sich, es selbst zu holen, und als der Vater schwieg, sagte sie, um ihm jedes Bedenken zu nehmen, sie k?nne auch die Hausmeisterin darum schicken, aber dann sagte der Vater schlie?lich ein gro?es »Nein«, und es wurde nicht mehr davon gesprochen.
Schon im Laufe des ersten Tages legte der Vater die ganzen Verm?gensverh?ltnisse und Aussichten sowohl der Mutter, als auch der Schwester dar. Hie und da stand er vom Tische auf und holte aus seiner kleinen Wertheimkassa, die er aus dem vor f?nf Jahren erfolgten Zusammenbruch seines Gesch?ftes gerettet hatte, irgendeinen Beleg oder irgendein Vormerkbuch. Man h?rte, wie er das komplizierte Schlo? aufsperrte und nach Entnahme des Gesuchten wieder verschlo?. Diese Erkl?rungen des Vaters waren zum Teil das erste Erfreuliche, was Gregor seit seiner Gefangenschaft zu h?
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Erst bei der T?r merkte er, was ihn dorthin eigentlich gelockt hatte; es war der Geruch von etwas E?barem gewesen. Denn dort stand ein Napf mit s??er Milch gef?llt, in der kleine Schnitten von Wei?brot schwammen. Fast h?tte er vor Freude gelacht, denn er hatte noch gr??eren Hunger, als am Morgen, und gleich tauchte er seinen Kopf fast bis ?ber die Augen in die Milch hinein. Aber bald zog er ihn entt?uscht wieder zur?ck; nicht nur, da? ihm das Essen wegen seiner heiklen linken Seite Schwierigkeiten machte – und er konnte nur essen, wenn der ganze K?rper schnaufend mitarbeitete – , so schmeckte ihm ?berdies die Milch, die sonst sein Lieblingsgetr?nk war, und die ihm gewi? die Schwester deshalb hereingestellt hatte, gar nicht, ja er wandte sich fast mit Widerwillen von dem Napf ab und kroch in die Zimmermitte zur?ck.
Im Wohnzimmer war, wie Gregor durch die T?rspalte sah, das Gas angez?ndet, aber w?hrend sonst zu dieser Tageszeit der Vater seine nachmittags erscheinende Zeitung der Mutter und manchmal auch der Schwester mit erhobener Stimme vorzulegen pflegte, h?rte man jetzt keinen Laut. Nun vielleicht war dieses Vorlesen, von dem ihm die Schwester immer erz?hlte und schrieb, in der letzten Zeit ?berhaupt aus der ?bung gekommen. Aber auch ringsherum war es so still, trotzdem doch gewi? die Wohnung nicht leer war. »Was f?r ein stilles Leben die Familie doch f?hrte«, sagte sich Gregor und f?hlte, w?hrend er starr vor sich ins Dunkle sah, einen gro?en Stolz dar?ber, da? er seinen Eltern und seiner Schwester ein solches Leben in einer so sch?nen Wohnung hatte verschaffen k?nnen. Wie aber, wenn jetzt alle Ruhe, aller Wohlstand, alle Zufriedenheit ein Ende mit Schrecken nehmen sollte? Um sich nicht in solche Gedanken zu verlieren, setzte sich Gregor lieber in Bewegung und kroch im Zimmer auf und ab.
Einmal w?hrend des langen Abends wurde die eine Seitent?re und einmal die andere bis zu einer kleinen Spalte ge?ffnet und rasch wieder geschlossen; jemand hatte wohl das Bed?rfnis hereinzukommen, aber auch wieder zuviele Bedenken. Gregor machte nun unmittelbar bei der Wohnzimmert?r halt, entschlossen, den z?gernden Besucher doch irgendwie hereinzubringen oder doch wenigstens zu erfahren, wer es sei; aber nun wurde die T?r nicht mehr ge?ffnet und Gregor wartete vergebens. Fr?h, als die T?ren versperrt waren, hatten alle zu ihm hereinkommen wollen, jetzt, da er die eine T?r ge?ffnet hatte und die anderen offenbar w?hrend des Tages ge?ffnet worden waren, kam keiner mehr, und die Schl?ssel steckten nun auch von au?en.
Sp?t erst in der Nacht wurde das Licht im Wohnzimmer ausgel?scht, und nun war leicht festzustellen, da? die Eltern und die Schwester so lange wachgeblieben waren, denn wie man genau h?ren konnte, entfernten sich jetzt alle drei auf den Fu?spitzen. Nun kam gewi? bis zum Morgen niemand mehr zu Gregor herein; er hatte also eine lange Zeit, um ungest?rt zu ?berlegen, wie er sein Leben jetzt neu ordnen sollte. Aber das hohe freie Zimmer, in dem er gezwungen war, flach auf dem Boden zu liegen, ?ngstigte ihn, ohne da? er die Ursache herausfinden konnte, denn es war ja sein seit f?nf Jahren von ihm bewohntes Zimmer – und mit einer halb unbewu?ten Wendung und nicht ohne eine leichte Scham eilte er unter das Kanapee, wo er sich, trotzdem sein R?cken ein wenig gedr?ckt wurde und trotzdem er den Kopf nicht mehr erheben konnte, gleich sehr behaglich f?hlte und nur bedauerte, da? sein K?rper zu breit war, um vollst?ndig unter dem Kanapee untergebracht zu werden.
Dort blieb er die ganze Nacht, die er zum Teil im Halbschlaf, aus dem ihn der Hunger immer wieder aufschreckte, verbrachte, zum Teil aber in Sorgen und undeutlichen Hoffnungen, die aber alle zu dem Schlusse f?hrten, da? er sich vorl?ufig ruhig verhalten und durch Geduld und gr??te R?cksichtnahme der Familie die Unannehmlichkeiten ertr?glich machen m?sse, die er ihr in seinem gegenw?rtigen Zustand nun einmal zu verursachen gezwungen war.
Schon am fr?hen Morgen, es war fast noch Nacht, hatte Gregor Gelegenheit, die Kraft seiner eben gefa?ten Entschl?sse zu pr?fen, denn vom Vorzimmer her ?ffnete die Schwester, fast v?llig angezogen, die T?r und sah mit Spannung herein. Sie fand ihn nicht gleich, aber als sie ihn unter dem Kanapee bemerkte – Gott, er mu?te doch irgendwo sein, er hatte doch nicht wegfliegen k?nnen – erschrak sie so sehr, da? sie, ohne sich beherrschen zu k?nnen, die T?r von au?en wieder zuschlug. Aber als bereue sie ihr Benehmen, ?ffnete sie die T?r sofort wieder und trat, als sei sie bei einem Schwerkranken oder gar bei einem Fremden, auf den Fu?spitzen herein. Gregor hatte den Kopf bis knapp zum Rande des Kanapees vorgeschoben und beobachtete sie. Ob sie wohl bemerken w?rde, da? er die Milch stehen gelassen hatte, und zwar keineswegs aus Mangel an Hunger, und ob sie eine andere Speise hereinbringen w?rde, die ihm besser entsprach? T?te sie es nicht von selbst, er wollte lieber verhungern, als sie darauf aufmerksam machen, trotzdem es ihn eigentlich ungeheuer dr?ngte, unterm Kanapee vorzuschie?en, sich der Schwester zu F??en zu werfen und sie um irgendetwas Gutes zum Essen zu bitten. Aber die Schwester bemerkte sofort mit Verwunderung den noch vollen Napf, aus dem nur ein wenig Milch ringsherum versch?ttet war, sie hob ihn gleich auf, zwar nicht mit den blo?en H?nden, sondern mit einem Fetzen, und trug ihn hinaus. Gregor war ?u?erst neugierig, was sie zum Ersatz bringen w?rde, und er machte sich die verschiedensten Gedanken dar?ber. Niemals aber h?tte er erraten k?nnen, was die Schwester in ihrer G?te wirklich tat. Sie brachte ihm, um seinen Geschmack zu pr?fen, eine ganze Auswahl, alles auf einer alten Zeitung ausgebreitet. Da war altes halbverfaultes Gem?se; Knochen vom Nachtmahl her, die von festgewordener wei?er Sauce umgeben waren; ein paar Rosinen und Mandeln; ein K?se, den Gregor vor zwei Tagen f?r ungenie?bar erkl?rt hatte; ein trockenes Brot, ein mit Butter beschmiertes und gesalzenes Brot. Au?erdem stellte sie zu dem allen noch den wahrscheinlich ein f?r allemal f?r Gregor bestimmten Napf, in den sie Wasser gegossen hatte. Und aus Zartgef?hl, da sie wu?te, da? Gregor vor ihr nicht essen w?rde, entfernte sich eiligst und drehte sogar den Schl?ssel um, damit nur Gregor merken k?nne, da? er es so behaglich machen d?rfe, wie er wolle. Gregors Beinchen schwirrten, als es jetzt zum Essen ging. Seine Wunden mu?ten ?brigens auch schon vollst?ndig geheilt sein, er f?hlte keine Behinderung mehr, er staunte dar?ber und dachte daran, wie er vor mehr als einem Monat sich mit dem Messer ganz wenig in den Finger geschnitten, und wie ihm diese Wunde noch vorgestern genug weh getan hatte.
»Sollte ich jetzt weniger Feingef?hl haben?«, dachte er und saugte schon gierig an dem K?se, zu dem es ihn vor allen anderen Speisen sofort und nachdr?cklich gezogen hatte. Rasch hintereinander und mit vor Befriedigung tr?nenden Augen verzehrte er den K?se, das Gem?se und die Sauce; die frischen Speisen dagegen schmeckten ihm nicht, er konnte nicht einmal ihren Geruch vertragen und schleppte sogar die Sachen, die er essen wollte, ein St?ckchen weiter weg. Er war schon l?ngst mit allem fertig und lag nun faul auf der gleichen Stelle, als die Schwester zum Zeichen, da? er sich zur?ckziehen solle, langsam den Schl?ssel umdrehte. Das schreckte ihn sofort auf, trotzdem er schon fast schlummerte, und er eilte wieder unter das Kanapee. Aber es kostete ihn gro?e Selbst?berwindung, auch nur die kurze Zeit, w?hrend welcher die Schwester im Zimmer war, unter dem Kanapee zu bleiben, denn von dem reichlichen Essen hatte sich sein Leib ein wenig gerundet und er konnte dort in der Enge kaum atmen. Unter kleinen Erstickungsanf?llen sah er mit etwas hervorgequollenen Augen zu, wie die nichtsahnende Schwester mit einem Besen nicht nur die ?berbleibsel zusammenkehrte, sondern selbst die von Gregor gar nicht ber?hrten Speisen, als seien also auch diese nicht mehr zu gebrauchen, und wie sie alles hastig in einen K?bel sch?ttete, den sie mit einem Holzdeckel schlo?, worauf sie alles hinaustrug. Kaum hatte sie sich umgedreht, zog sich schon Gregor unter dem Kanapee hervor und streckte und bl?hte sich.
Auf diese Weise bekam nun Gregor t?glich sein Essen, einmal am Morgen, wenn die Eltern und das Dienstm?dchen noch schliefen, das zweitemal nach dem allgemeinen Mittagessen, denn dann schliefen die Eltern gleichfalls noch ein Weilchen, und das Dienstm?dchen wurde von der Schwester mit irgendeiner Besorgung weggeschickt. Gewi? wollten auch sie nicht, da? Gregor verhungere, aber vielleicht h?tten sie es nicht ertragen k?nnen, von seinem Essen mehr als durch H?rensagen zu erfahren, vielleicht wollte die Schwester ihnen auch eine m?glicherweise nur kleine Trauer ersparen, denn tats?chlich litten sie ja gerade genug.
Mit welchen Ausreden man an jenem ersten Vormittag den Arzt und den Schlosser wieder aus der Wohnung geschafft hatte, konnte Gregor gar nicht erfahren, denn da er nicht verstanden wurde, dachte niemand daran, auch die Schwester nicht, da? er die anderen verstehen k?nne, und so mu?te er sich, wenn die Schwester in seinem Zimmer war, damit begn?gen, nur hier und da ihre Seufzer und Anrufe der Heiligen zu h?ren. Erst sp?ter, als sie sich ein wenig an alles gew?hnt hatte – von vollst?ndiger Gew?hnung konnte nat?rlich niemals die Rede sein – , erhaschte Gregor manchmal eine Bemerkung, die freundlich gemeint war oder so gedeutet werden konnte. »Heute hat es ihm aber geschmeckt«, sagte sie, wenn Gregor unter dem Essen t?chtig aufger?umt hatte, w?hrend sie im gegenteiligen Fall, der sich allm?hlich immer h?ufiger wiederholte, fast traurig zu sagen pflegte: »Nun ist wieder alles stehengeblieben.«
W?hrend aber Gregor unmittelbar keine Neuigkeit erfahren konnte, erhorchte er manches aus den Nebenzimmern, und wo er nur einmal Stimmen h?rte, lief er gleich zu der betreffenden T?r und dr?ckte sich mit ganzem Leib an sie. Besonders in der ersten Zeit gab es kein Gespr?ch, das nicht irgendwie, wenn auch nur im geheimen, von ihm handelte. Zwei Tage lang waren bei allen Mahlzeiten Beratungen dar?ber zu h?ren, wie man sich jetzt verhalten solle; aber auch zwischen den Mahlzeiten sprach man ?ber das gleiche Thema, denn immer waren zumindest zwei Familienmitglieder zu Hause, da wohl niemand allein zu Hause bleiben wollte und man die Wohnung doch auf keinen Fall g?nzlich verlassen konnte. Auch hatte das Dienstm?dchen gleich am ersten Tag – es war nicht ganz klar, was und wieviel sie von dem Vorgefallenen wu?te – knief?llig die Mutter gebeten, sie sofort zu entlassen, und als sie sich eine Viertelstunde danach verabschiedete, dankte sie f?r die Entlassung unter Tr?nen, wie f?r die gr??te Wohltat, die man ihr hier erwiesen hatte, und gab, ohne da? man es von ihr verlangte, einen f?rchterlichen Schwur ab, niemandem auch nur das Geringste zu verraten.
Nun mu?te die Schwester im Verein mit der Mutter auch kochen; allerdings machte das nicht viel M?he, denn man a? fast nichts. Immer wieder h?rte Gregor, wie der eine den anderen vergebens zum Essen aufforderte und keine andere Antwort bekam, als: »Danke, ich habe genug« oder etwas ?hnliches. Getrunken wurde vielleicht auch nichts. ?fters fragte die Schwester den Vater, ob er Bier haben wolle, und herzlich erbot sie sich, es selbst zu holen, und als der Vater schwieg, sagte sie, um ihm jedes Bedenken zu nehmen, sie k?nne auch die Hausmeisterin darum schicken, aber dann sagte der Vater schlie?lich ein gro?es »Nein«, und es wurde nicht mehr davon gesprochen.
Schon im Laufe des ersten Tages legte der Vater die ganzen Verm?gensverh?ltnisse und Aussichten sowohl der Mutter, als auch der Schwester dar. Hie und da stand er vom Tische auf und holte aus seiner kleinen Wertheimkassa, die er aus dem vor f?nf Jahren erfolgten Zusammenbruch seines Gesch?ftes gerettet hatte, irgendeinen Beleg oder irgendein Vormerkbuch. Man h?rte, wie er das komplizierte Schlo? aufsperrte und nach Entnahme des Gesuchten wieder verschlo?. Diese Erkl?rungen des Vaters waren zum Teil das erste Erfreuliche, was Gregor seit seiner Gefangenschaft zu h?
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