ltnisse« – hierbei spie er kurz entschlossen auf den Boden – »mein Zimmer augenblicklich k?ndige. Ich werde nat?rlich auch f?r die Tage, die ich hier gewohnt habe, nicht das Geringste bezahlen, dagegen werde ich es mir noch ?berlegen, ob ich nicht mit irgendwelchen – glauben Sie mir – sehr leicht zu begr?ndenden Forderungen gegen Sie auftreten werde.« Er schwieg und sah gerade vor sich hin, als erwarte er etwas. Tats?chlich fielen sofort seine zwei Freunde mit den Worten ein: »Auch wir k?ndigen augenblicklich.« Darauf fa?te er die T?rklinke und schlo? mit einem Krach die T?r.
Der Vater wankte mit tastenden H?nden zu seinem Sessel und lie? sich in ihn fallen; es sah aus, als strecke er sich zu seinem gew?hnlichen Abendschl?fchen, aber das starke Nicken seines wie haltlosen Kopfes zeigte, da? er ganz und gar nicht schlief. Gregor war die ganze Zeit still auf dem Platz gelegen, auf dem ihn die Zimmerherren ertappt hatten. Die Entt?uschung ?ber das Mi?lingen seines Planes, vielleicht aber auch die durch das viele Hungern verursachte Schw?che machten es ihm unm?glich, sich zu bewegen. Er f?rchtete mit einer gewissen Bestimmtheit schon f?r den n?chsten Augenblick einen allgemeinen ?ber ihn sich entladenden Zusammensturz und wartete. Nicht einmal die Violine schreckte ihn auf, die, unter den zitternden Fingern der Mutter hervor, ihr vom Scho?e fiel und einen hallenden Ton von sich gab.
»Liebe Eltern«, sagte die Schwester und schlug zur Einleitung mit der Hand auf den Tisch, »so geht es nicht weiter. Wenn ihr das vielleicht nicht einsehet, ich sehe es ein. Ich will vor diesem Untier nicht den Namen meines Bruders aussprechen, und sage daher blo?: wir m?ssen versuchen, es loszuwerden. Wir haben das Menschenm?gliche versucht, es zu pflegen und zu dulden, ich glaube, es kann uns niemand den geringsten Vorwurf machen.« »Sie hat tausendmal Recht«, sagte der Vater f?r sich. Die Mutter, die noch immer nicht genug Atem finden konnte, fing in die vorgehaltene Hand mit einem irrsinnigen Ausdruck der Augen dumpf zu husten an.
Die Schwester eilte zur Mutter und hielt ihr die Stirn. Der Vater schien durch die Worte der Schwester auf bestimmtere Gedanken gebracht zu sein, hatte sich aufrecht gesetzt, spielte mit seiner Dienerm?tze zwischen den Tellern, die noch vom Nachtmahl der Zimmerherren her auf dem Tische lagen, und sah bisweilen auf den stillen Gregor hin.
»Wir m?ssen es loszuwerden suchen«, sagte die Schwester nun ausschlie?lich zum Vater, denn die Mutter h?rte in ihrem Husten nichts, »es bringt euch noch beide um, ich sehe es kommen. Wenn man schon so schwer arbeiten mu?, wie wir alle, kann man nicht noch zu Hause diese ewige Qu?lerei ertragen. Ich kann es auch nicht mehr.« Und sie brach so heftig in Weinen aus, da? ihre Tr?nen auf das Gesicht der Mutter niederflossen, von dem sie sie mit mechanischen Handbewegungen wischte.
»Kind«, sagte der Vater mitleidig und mit auffallendem Verst?ndnis, »was sollen wir aber tun?«
Die Schwester zuckte nur die Achseln zum Zeichen der Ratlosigkeit, die sie nun w?hrend des Weinens im Gegensatz zu ihrer fr?heren Sicherheit ergriffen hatte.
»Wenn er uns verst?nde«, sagte der Vater halb fragend; die Schwester sch?ttelte aus dem Weinen heraus heftig die Hand zum Zeichen, da? daran nicht zu denken sei.
»Wenn er uns verst?nde«, wiederholte der Vater und nahm durch Schlie?en der Augen die ?berzeugung der Schwester von der Unm?glichkeit dessen in sich auf, »dann w?re vielleicht ein ?bereinkommen mit ihm m?glich. Aber so – «
»Weg mu? es«, rief die Schwester, »das ist das einzige Mittel, Vater. Du mu?t blo? den Gedanken loszuwerden suchen, da? es Gregor ist. Da? wir es solange geglaubt haben, das ist ja unser eigentliches Ungl?ck. Aber wie kann es denn Gregor sein? Wenn es Gregor w?re, er h?tte l?ngst eingesehen, da? ein Zusammenleben von Menschen mit einem solchen Tier nicht m?glich ist, und w?re freiwillig fortgegangen. Wir h?tten dann keinen Bruder, aber k?nnten weiter leben und sein Andenken in Ehren halten. So aber verfolgt uns dieses Tier, vertreibt die Zimmerherren, will offenbar die ganze Wohnung einnehmen und uns auf der Gasse ?bernachten lassen. Sieh nur, Vater«, schrie sie pl?tzlich auf, »er f?ngt schon wieder an!« Und in einem f?r Gregor g?nzlich unverst?ndlichen Schrecken verlie? die Schwester sogar die Mutter, stie? sich f?rmlich von ihrem Sessel ab, als wollte sie lieber die Mutter opfern, als in Gregors N?he bleiben, und eilte hinter den Vater, der, lediglich durch ihr Benehmen erregt, auch aufstand und die Arme wie zum Schutze der Schwester vor ihr halb erhob.
Aber Gregor fiel es doch gar nicht ein, irgend jemandem und gar seiner Schwester Angst machen zu wollen. Er hatte blo? angefangen sich umzudrehen, um in sein Zimmer zur?ckzuwandern, und das nahm sich allerdings auffallend aus, da er infolge seines leidenden Zustandes bei den schwierigen Umdrehungen mit seinem Kopfe nachhelfen mu?te, den er hierbei viele Male hob und gegen den Boden schlug. Er hielt inne und sah sich um. Seine gute Absicht schien erkannt worden zu sein; es war nur ein augenblicklicher Schrecken gewesen. Nun sahen ihn alle schweigend und traurig an. Die Mutter lag, die Beine ausgestreckt und aneinandergedr?ckt, in ihrem Sessel, die Augen fielen ihr vor Ermattung fast zu; der Vater und die Schwester sa?en nebeneinander, die Schwester hatte ihre Hand um des Vaters Hals gelegt.
»Nun darf ich mich schon vielleicht umdrehen«, dachte Gregor und begann seine Arbeit wieder. Er konnte das Schnaufen der Anstrengung nicht unterdr?cken und mu?te auch hier und da ausruhen.
Im ?brigen dr?ngte ihn auch niemand, es war alles ihm selbst ?berlassen. Als er die Umdrehung vollendet hatte, fing er sofort an, geradeaus zur?ckzuwandern. E staunte ?ber die gro?e Entfernung, die ihn von seinem Zimmer trennte, und begriff gar nicht, wie er bei seiner Schw?che vor kurze Zeit den gleichen Weg, fast ohne es zu merken, zur?ckgelegt hatte. Immerfort nur auf rasches Kriechen bedacht, achtete er kaum da auf, da? kein Wort, kein Ausruf seiner Familie ihn st?rte.
Erst als er schon in der T?r war, wendete er den Kopf, nicht vollst?ndig, denn er f?hlte den Hals steif werden, immerhin sah er noch, da? sich hinter ihm nichts ver?ndert hatte, nur die Schwester war aufgestanden. Sein letzter Blick streifte die Mutter, die nun v?llig eingeschlafen war.
Kaum war er innerhalb seines Zimmers, wurde die T?r eiligst zu gedr?ckt festgeriegelt und versperrt. ?ber den pl?tzlichen L?rm hinter sich erschrak Gregor so, da? ihm die Beinchen einknickten. Es war die Schwester, die sich so beeilt hatte. Aufrecht war sie schon da gestanden und hatte gewartet, leichtf??ig war sie dann vorw?rtsgesprungen, Gregor hatte sie gar nicht kommen h?ren, und ein »Endlich!« rief sie den Eltern zu, w?hrend sie den Schl?ssel im Schlo? umdrehte.
»Und jetzt?« fragte sich Gregor und sah sich im Dunkeln um. Er machte bald die Entdeckung, da? er sich nun ?berhaupt nicht mehr r?hren konnte. Er wunderte sich dar?ber nicht, eher kam es ihm unnat?rlich vor, da? er sich bis jetzt tats?chlich mit diesen d?nnen Beinchen hatte fortbewegen k?nnen. Im ?brigen f?hlte er sich verh?ltnism??ig behaglich. Er hatte zwar Schmerzen im ganzen Leib, aber ihm war, als w?rden sie allm?hlich schw?cher und schw?cher und w?rden schlie?lich ganz vergehen. Den verfaulten Apfel in seinem R?cken und die entz?ndete Umgebung, die ganz von weichem Staub bedeckt waren, sp?rte er schon kaum. An seine Familie dachte er mit R?hrung und Liebe zur?ck. Seine Meinung dar?ber, da? er verschwinden m?sse, war wom?glich noch entschiedener, als die seiner Schwester. In diesem Zustand leeren und friedlichen Nachdenkens blieb er, bis die Turmuhr die dritte Morgenstunde schlug. Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens drau?en vor dem Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen g?nzlich nieder, und aus seinen N?stern str?mte sein letzter Atem schwach hervor.
Als am fr?hen Morgen die Bedienerin kam – vor lauter Kraft und Eile schlug sie, wie oft man sie auch schon gebeten hatte, das zu vermeiden, alle T?ren derartig zu, da? in der ganzen Wohnung von ihrem Kommen an kein ruhiger Schlaf mehr m?glich war – , fand sie bei ihrem gew?hnlichen kurzen Besuch an Gregor zuerst nichts Besonderes. Sie dachte, er liege absichtlich so unbeweglich da und spiele den Beleidigten; sie traute ihm allen m?glichen Verstand zu. Weil sie zuf?llig den langen Besen in der Hand hielt, suchte sie mit ihm Gregor von der T?r aus zu kitzeln. Als sich auch da kein Erfolg zeigte, wurde sie ?rgerlich und stie? ein wenig in Gregor hinein, und erst als sie ihn ohne jeden Widerstand von seinem Platze geschoben hatte, wurde sie aufmerksam. Als sie bald den wahren Sachverhalt erkannte, machte sie gro?e Augen, pfiff vor sich hin, hielt sich aber nicht lange auf, sondern ri? die T?r des Schlafzimmers auf und rief mit lauter Stimme in das Dunkel hinein: »Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar krepiert!«
Das Ehepaar Samsa sa? im Ehebett aufrecht da und hatte zu tun, den Schrecken ?ber die Bedienerin zu verwinden, ehe es dazu kam, ihre Meldung aufzufassen. Dann aber stiegen Herr und Frau Samsa, jeder auf seiner Seite, eiligst aus dem Bett, Herr Samsa warf die Decke ?ber seine Schultern, Frau Samsa kam nur im Nachthemd hervor; so traten sie in Gregors Zimmer. Inzwischen hatte sich auch die T?r des Wohnzimmers ge?ffnet, in dem Grete seit dem Einzug der Zimmerherren schlief; sie war v?llig angezogen, als h?tte sie gar nicht geschlafen, auch ihr bleiches Gesicht schien das zu beweisen. »Tot?« sagte Frau Samsa und sah fragend zur Bedienerin auf, trotzdem sie doch alles selbst pr?fen und sogar ohne Pr?fung erkennen konnte. »Das will ich meinen«, sagte die Bedienerin und stie? zum Beweis Gregors Leiche mit dem Besen noch ein gro?es St?ck seitw?rts. Frau Samsa machte eine Bewegung, als wolle sie den Besen zur?ckhalten, tat es aber nicht. »Nun«, sagte Herr Samsa, »jetzt k?nnen wir Gott danken.« Er bekreuzte sich, und die drei Frauen folgten seinem Beispiel.
Grete, die kein Auge von der Leiche wendete, sagte: »Seht nur, wie mager er war. Er hat ja auch schon so lange Zeit nichts gegessen. So wie die Speisen hereinkamen, sind sie wieder hinausgekommen.« Tats?chlich war Gregors K?rper vollst?ndig flach und trocken, man erkannte das eigentlich erst jetzt, da er nicht mehr von den Beinchen gehoben war und auch sonst nichts den Blick ablenkte.
»Komm, Grete, auf ein Weilchen zu uns herein«, sagte Frau Samsa mit einem wehm?tigen L?cheln, und Grete ging, nicht ohne nach der Leiche zur?ckzusehen, hinter den Eltern in das Schlafzimmer. Die Bedienerin schlo? die T?r und ?ffnete g?nzlich das Fenster. Trotz des fr?hen Morgens war der frischen Luft schon etwas Lauigkeit beigemischt. Es war eben schon Ende M?rz.
Aus ihrem Zimmer traten die drei Zimmerherren und sahen sich erstaunt nach ihrem Fr?hst?ck um; man hatte sie vergessen. »Wo ist das Fr?hst?ck?« fragte der mittlere der Herren m?rrisch die Bedienerin. Diese aber legte den Finger an den Mund und winkte dann hastig und schweigend den Herren zu, sie m?chten in Gregors Zimmer kommen. Sie kamen auch und standen dann, die H?nde in den Taschen ihrer etwas abgenutzten R?ckchen, in dem nun schon ganz hellen Zimmer um Gregors Leiche herum.
Da ?ffnete sich die T?r des Schlafzimmers, und Herr Samsa erschien in seiner Livree an einem Arm seine Frau, am anderen seine Tochter. Alle waren ein wenig verweint; Grete dr?ckte bisweilen ihr Gesicht an den Arm des Vaters.
»Verlassen Sie sofort meine Wohnung!« sagte Herr Samsa und zeigte auf die T?r, ohne die Frauen von sich zu lassen. »Wie meinen Sie das?« sagte der mittlere der Herren etwas best?rzt und l?chelte s??lich. Die zwei anderen hielten die H?nde auf dem R?cken und rieben sie ununterbrochen aneinander, wie in freudiger Erwartung eines gro?en Streites, der aber f?r sie g?nstig ausfallen mu?te. »Ich meine es genau so, wie ich es sage«, antwortete Herr Samsa und ging in einer Linie mit seinen zwei Begleiterinnen auf den Zimmerherrn zu. Dieser stand zuerst still da und sah zu Boden, als ob sich die Dinge in seinem Kopf zu einer neuen Ordnung zusammenstellten. »Dann gehen wir also«, sagte er dann und sah zu Herrn Samsa auf, als verlange er in einer pl?tzlich ihn ?berkommenden Demut sogar f?r diesen Entschlu? eine neue Genehmigung. Herr Samsa nickte ihm blo? mehrmals kurz mit gro?en Augen zu. Daraufhin ging der Herr tats?chlich sofort mit langen Schritten ins Vorzimmer; seine beiden Freunde hatten schon ein Weilchen lang mit ganz ruhigen H?nden aufgehorcht und h?pften ihm jetzt geradezu nach, wie in Angst, Herr Samsa k?nnte vor ihnen ins Vorzimmer eintreten und die Verbindung mit ihrem F?hrer st?ren. Im Vorzimmer nahmen alle drei die H?te vom Kleiderrechen, zogen ihre St?cke aus dem Stockbeh?lter, verbeugten sich stumm und verlie?en die Wohnung. In einem, wie sich zeigte, g?
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Der Vater wankte mit tastenden H?nden zu seinem Sessel und lie? sich in ihn fallen; es sah aus, als strecke er sich zu seinem gew?hnlichen Abendschl?fchen, aber das starke Nicken seines wie haltlosen Kopfes zeigte, da? er ganz und gar nicht schlief. Gregor war die ganze Zeit still auf dem Platz gelegen, auf dem ihn die Zimmerherren ertappt hatten. Die Entt?uschung ?ber das Mi?lingen seines Planes, vielleicht aber auch die durch das viele Hungern verursachte Schw?che machten es ihm unm?glich, sich zu bewegen. Er f?rchtete mit einer gewissen Bestimmtheit schon f?r den n?chsten Augenblick einen allgemeinen ?ber ihn sich entladenden Zusammensturz und wartete. Nicht einmal die Violine schreckte ihn auf, die, unter den zitternden Fingern der Mutter hervor, ihr vom Scho?e fiel und einen hallenden Ton von sich gab.
»Liebe Eltern«, sagte die Schwester und schlug zur Einleitung mit der Hand auf den Tisch, »so geht es nicht weiter. Wenn ihr das vielleicht nicht einsehet, ich sehe es ein. Ich will vor diesem Untier nicht den Namen meines Bruders aussprechen, und sage daher blo?: wir m?ssen versuchen, es loszuwerden. Wir haben das Menschenm?gliche versucht, es zu pflegen und zu dulden, ich glaube, es kann uns niemand den geringsten Vorwurf machen.« »Sie hat tausendmal Recht«, sagte der Vater f?r sich. Die Mutter, die noch immer nicht genug Atem finden konnte, fing in die vorgehaltene Hand mit einem irrsinnigen Ausdruck der Augen dumpf zu husten an.
Die Schwester eilte zur Mutter und hielt ihr die Stirn. Der Vater schien durch die Worte der Schwester auf bestimmtere Gedanken gebracht zu sein, hatte sich aufrecht gesetzt, spielte mit seiner Dienerm?tze zwischen den Tellern, die noch vom Nachtmahl der Zimmerherren her auf dem Tische lagen, und sah bisweilen auf den stillen Gregor hin.
»Wir m?ssen es loszuwerden suchen«, sagte die Schwester nun ausschlie?lich zum Vater, denn die Mutter h?rte in ihrem Husten nichts, »es bringt euch noch beide um, ich sehe es kommen. Wenn man schon so schwer arbeiten mu?, wie wir alle, kann man nicht noch zu Hause diese ewige Qu?lerei ertragen. Ich kann es auch nicht mehr.« Und sie brach so heftig in Weinen aus, da? ihre Tr?nen auf das Gesicht der Mutter niederflossen, von dem sie sie mit mechanischen Handbewegungen wischte.
»Kind«, sagte der Vater mitleidig und mit auffallendem Verst?ndnis, »was sollen wir aber tun?«
Die Schwester zuckte nur die Achseln zum Zeichen der Ratlosigkeit, die sie nun w?hrend des Weinens im Gegensatz zu ihrer fr?heren Sicherheit ergriffen hatte.
»Wenn er uns verst?nde«, sagte der Vater halb fragend; die Schwester sch?ttelte aus dem Weinen heraus heftig die Hand zum Zeichen, da? daran nicht zu denken sei.
»Wenn er uns verst?nde«, wiederholte der Vater und nahm durch Schlie?en der Augen die ?berzeugung der Schwester von der Unm?glichkeit dessen in sich auf, »dann w?re vielleicht ein ?bereinkommen mit ihm m?glich. Aber so – «
»Weg mu? es«, rief die Schwester, »das ist das einzige Mittel, Vater. Du mu?t blo? den Gedanken loszuwerden suchen, da? es Gregor ist. Da? wir es solange geglaubt haben, das ist ja unser eigentliches Ungl?ck. Aber wie kann es denn Gregor sein? Wenn es Gregor w?re, er h?tte l?ngst eingesehen, da? ein Zusammenleben von Menschen mit einem solchen Tier nicht m?glich ist, und w?re freiwillig fortgegangen. Wir h?tten dann keinen Bruder, aber k?nnten weiter leben und sein Andenken in Ehren halten. So aber verfolgt uns dieses Tier, vertreibt die Zimmerherren, will offenbar die ganze Wohnung einnehmen und uns auf der Gasse ?bernachten lassen. Sieh nur, Vater«, schrie sie pl?tzlich auf, »er f?ngt schon wieder an!« Und in einem f?r Gregor g?nzlich unverst?ndlichen Schrecken verlie? die Schwester sogar die Mutter, stie? sich f?rmlich von ihrem Sessel ab, als wollte sie lieber die Mutter opfern, als in Gregors N?he bleiben, und eilte hinter den Vater, der, lediglich durch ihr Benehmen erregt, auch aufstand und die Arme wie zum Schutze der Schwester vor ihr halb erhob.
Aber Gregor fiel es doch gar nicht ein, irgend jemandem und gar seiner Schwester Angst machen zu wollen. Er hatte blo? angefangen sich umzudrehen, um in sein Zimmer zur?ckzuwandern, und das nahm sich allerdings auffallend aus, da er infolge seines leidenden Zustandes bei den schwierigen Umdrehungen mit seinem Kopfe nachhelfen mu?te, den er hierbei viele Male hob und gegen den Boden schlug. Er hielt inne und sah sich um. Seine gute Absicht schien erkannt worden zu sein; es war nur ein augenblicklicher Schrecken gewesen. Nun sahen ihn alle schweigend und traurig an. Die Mutter lag, die Beine ausgestreckt und aneinandergedr?ckt, in ihrem Sessel, die Augen fielen ihr vor Ermattung fast zu; der Vater und die Schwester sa?en nebeneinander, die Schwester hatte ihre Hand um des Vaters Hals gelegt.
»Nun darf ich mich schon vielleicht umdrehen«, dachte Gregor und begann seine Arbeit wieder. Er konnte das Schnaufen der Anstrengung nicht unterdr?cken und mu?te auch hier und da ausruhen.
Im ?brigen dr?ngte ihn auch niemand, es war alles ihm selbst ?berlassen. Als er die Umdrehung vollendet hatte, fing er sofort an, geradeaus zur?ckzuwandern. E staunte ?ber die gro?e Entfernung, die ihn von seinem Zimmer trennte, und begriff gar nicht, wie er bei seiner Schw?che vor kurze Zeit den gleichen Weg, fast ohne es zu merken, zur?ckgelegt hatte. Immerfort nur auf rasches Kriechen bedacht, achtete er kaum da auf, da? kein Wort, kein Ausruf seiner Familie ihn st?rte.
Erst als er schon in der T?r war, wendete er den Kopf, nicht vollst?ndig, denn er f?hlte den Hals steif werden, immerhin sah er noch, da? sich hinter ihm nichts ver?ndert hatte, nur die Schwester war aufgestanden. Sein letzter Blick streifte die Mutter, die nun v?llig eingeschlafen war.
Kaum war er innerhalb seines Zimmers, wurde die T?r eiligst zu gedr?ckt festgeriegelt und versperrt. ?ber den pl?tzlichen L?rm hinter sich erschrak Gregor so, da? ihm die Beinchen einknickten. Es war die Schwester, die sich so beeilt hatte. Aufrecht war sie schon da gestanden und hatte gewartet, leichtf??ig war sie dann vorw?rtsgesprungen, Gregor hatte sie gar nicht kommen h?ren, und ein »Endlich!« rief sie den Eltern zu, w?hrend sie den Schl?ssel im Schlo? umdrehte.
»Und jetzt?« fragte sich Gregor und sah sich im Dunkeln um. Er machte bald die Entdeckung, da? er sich nun ?berhaupt nicht mehr r?hren konnte. Er wunderte sich dar?ber nicht, eher kam es ihm unnat?rlich vor, da? er sich bis jetzt tats?chlich mit diesen d?nnen Beinchen hatte fortbewegen k?nnen. Im ?brigen f?hlte er sich verh?ltnism??ig behaglich. Er hatte zwar Schmerzen im ganzen Leib, aber ihm war, als w?rden sie allm?hlich schw?cher und schw?cher und w?rden schlie?lich ganz vergehen. Den verfaulten Apfel in seinem R?cken und die entz?ndete Umgebung, die ganz von weichem Staub bedeckt waren, sp?rte er schon kaum. An seine Familie dachte er mit R?hrung und Liebe zur?ck. Seine Meinung dar?ber, da? er verschwinden m?sse, war wom?glich noch entschiedener, als die seiner Schwester. In diesem Zustand leeren und friedlichen Nachdenkens blieb er, bis die Turmuhr die dritte Morgenstunde schlug. Den Anfang des allgemeinen Hellerwerdens drau?en vor dem Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne seinen Willen g?nzlich nieder, und aus seinen N?stern str?mte sein letzter Atem schwach hervor.
Als am fr?hen Morgen die Bedienerin kam – vor lauter Kraft und Eile schlug sie, wie oft man sie auch schon gebeten hatte, das zu vermeiden, alle T?ren derartig zu, da? in der ganzen Wohnung von ihrem Kommen an kein ruhiger Schlaf mehr m?glich war – , fand sie bei ihrem gew?hnlichen kurzen Besuch an Gregor zuerst nichts Besonderes. Sie dachte, er liege absichtlich so unbeweglich da und spiele den Beleidigten; sie traute ihm allen m?glichen Verstand zu. Weil sie zuf?llig den langen Besen in der Hand hielt, suchte sie mit ihm Gregor von der T?r aus zu kitzeln. Als sich auch da kein Erfolg zeigte, wurde sie ?rgerlich und stie? ein wenig in Gregor hinein, und erst als sie ihn ohne jeden Widerstand von seinem Platze geschoben hatte, wurde sie aufmerksam. Als sie bald den wahren Sachverhalt erkannte, machte sie gro?e Augen, pfiff vor sich hin, hielt sich aber nicht lange auf, sondern ri? die T?r des Schlafzimmers auf und rief mit lauter Stimme in das Dunkel hinein: »Sehen Sie nur mal an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar krepiert!«
Das Ehepaar Samsa sa? im Ehebett aufrecht da und hatte zu tun, den Schrecken ?ber die Bedienerin zu verwinden, ehe es dazu kam, ihre Meldung aufzufassen. Dann aber stiegen Herr und Frau Samsa, jeder auf seiner Seite, eiligst aus dem Bett, Herr Samsa warf die Decke ?ber seine Schultern, Frau Samsa kam nur im Nachthemd hervor; so traten sie in Gregors Zimmer. Inzwischen hatte sich auch die T?r des Wohnzimmers ge?ffnet, in dem Grete seit dem Einzug der Zimmerherren schlief; sie war v?llig angezogen, als h?tte sie gar nicht geschlafen, auch ihr bleiches Gesicht schien das zu beweisen. »Tot?« sagte Frau Samsa und sah fragend zur Bedienerin auf, trotzdem sie doch alles selbst pr?fen und sogar ohne Pr?fung erkennen konnte. »Das will ich meinen«, sagte die Bedienerin und stie? zum Beweis Gregors Leiche mit dem Besen noch ein gro?es St?ck seitw?rts. Frau Samsa machte eine Bewegung, als wolle sie den Besen zur?ckhalten, tat es aber nicht. »Nun«, sagte Herr Samsa, »jetzt k?nnen wir Gott danken.« Er bekreuzte sich, und die drei Frauen folgten seinem Beispiel.
Grete, die kein Auge von der Leiche wendete, sagte: »Seht nur, wie mager er war. Er hat ja auch schon so lange Zeit nichts gegessen. So wie die Speisen hereinkamen, sind sie wieder hinausgekommen.« Tats?chlich war Gregors K?rper vollst?ndig flach und trocken, man erkannte das eigentlich erst jetzt, da er nicht mehr von den Beinchen gehoben war und auch sonst nichts den Blick ablenkte.
»Komm, Grete, auf ein Weilchen zu uns herein«, sagte Frau Samsa mit einem wehm?tigen L?cheln, und Grete ging, nicht ohne nach der Leiche zur?ckzusehen, hinter den Eltern in das Schlafzimmer. Die Bedienerin schlo? die T?r und ?ffnete g?nzlich das Fenster. Trotz des fr?hen Morgens war der frischen Luft schon etwas Lauigkeit beigemischt. Es war eben schon Ende M?rz.
Aus ihrem Zimmer traten die drei Zimmerherren und sahen sich erstaunt nach ihrem Fr?hst?ck um; man hatte sie vergessen. »Wo ist das Fr?hst?ck?« fragte der mittlere der Herren m?rrisch die Bedienerin. Diese aber legte den Finger an den Mund und winkte dann hastig und schweigend den Herren zu, sie m?chten in Gregors Zimmer kommen. Sie kamen auch und standen dann, die H?nde in den Taschen ihrer etwas abgenutzten R?ckchen, in dem nun schon ganz hellen Zimmer um Gregors Leiche herum.
Da ?ffnete sich die T?r des Schlafzimmers, und Herr Samsa erschien in seiner Livree an einem Arm seine Frau, am anderen seine Tochter. Alle waren ein wenig verweint; Grete dr?ckte bisweilen ihr Gesicht an den Arm des Vaters.
»Verlassen Sie sofort meine Wohnung!« sagte Herr Samsa und zeigte auf die T?r, ohne die Frauen von sich zu lassen. »Wie meinen Sie das?« sagte der mittlere der Herren etwas best?rzt und l?chelte s??lich. Die zwei anderen hielten die H?nde auf dem R?cken und rieben sie ununterbrochen aneinander, wie in freudiger Erwartung eines gro?en Streites, der aber f?r sie g?nstig ausfallen mu?te. »Ich meine es genau so, wie ich es sage«, antwortete Herr Samsa und ging in einer Linie mit seinen zwei Begleiterinnen auf den Zimmerherrn zu. Dieser stand zuerst still da und sah zu Boden, als ob sich die Dinge in seinem Kopf zu einer neuen Ordnung zusammenstellten. »Dann gehen wir also«, sagte er dann und sah zu Herrn Samsa auf, als verlange er in einer pl?tzlich ihn ?berkommenden Demut sogar f?r diesen Entschlu? eine neue Genehmigung. Herr Samsa nickte ihm blo? mehrmals kurz mit gro?en Augen zu. Daraufhin ging der Herr tats?chlich sofort mit langen Schritten ins Vorzimmer; seine beiden Freunde hatten schon ein Weilchen lang mit ganz ruhigen H?nden aufgehorcht und h?pften ihm jetzt geradezu nach, wie in Angst, Herr Samsa k?nnte vor ihnen ins Vorzimmer eintreten und die Verbindung mit ihrem F?hrer st?ren. Im Vorzimmer nahmen alle drei die H?te vom Kleiderrechen, zogen ihre St?cke aus dem Stockbeh?lter, verbeugten sich stumm und verlie?en die Wohnung. In einem, wie sich zeigte, g?
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10