gern gab meine Freundin mir nach. Ich hoffe, nun aber auch in Ihrem Sinne gehandelt zu haben; denn selbst die kleinste Unsicherheit in der geringf?gigsten Sache ist doch immer qu?lend, und wenn man sie, wie in diesem Falle, leicht beseitigen kann, so soll es doch besser sofort geschehen.« »Ich danke Ihnen«, sagte K. sofort, stand langsam auf, sah Fr?ulein Montag an, dann ?ber den Tisch hin, dann aus dem Fenster – das gegen?berliegende Haus stand in der Sonne – und ging zur T?r. Fr?ulein Montag folgte ihm ein paar Schritte, als vertraue sie ihm nicht ganz. Vor der T?r mu?ten aber beide zur?ck weichen, denn sie ?ffnete sich, und der Hauptmann Lanz trat ein. K. sah ihn zum erstenmal aus der N?he. Er war ein gro?er, etwa vierzigj?hriger Mann mit braungebranntem, fleischigem Gesicht. Er machte eine leichte Verbeugung, die auch K. galt, ging dann zu Fr?ulein Montag und k??te ihr ehrerbietig die Hand. Er war sehr gewandt in seinen Bewegungen. Seine H?flichkeit gegen Fr?ulein Montag stach auffallend von der Behandlung ab, die sie von K. erfahren hatte. Trotzdem schien Fr?ulein Montag K. nicht b?se zu sein, denn sie wollte ihn sogar, wie K. zu bemerken glaubte, dem Hauptmann vorstellen. Aber K. wollte nicht vorgestellt werden, er w?re nicht imstande gewesen, weder dem Hauptmann noch Fr?ulein Montag gegen?ber irgendwie freundlich zu sein, der Handku? hatte sie f?r ihn zu einer Gruppe verbunden, die ihn unter dem Anschein ?u?erster Harmlosigkeit und Uneigenn?tzigkeit von Fr?ulein B?rstner abhalten wollte. K. glaubte jedoch, nicht nur das zu erkennen, er erkannte auch, da? Fr?ulein Montag ein gutes, allerdings zweischneidiges Mittel gew?hlt hatte. Sie ?bertrieb die Bedeutung der Beziehung zwischen Fr?ulein B?rstner und K., sie ?bertrieb vor allem die Bedeutung der erbetenen Aussprache und versuchte, es gleichzeitig so zu wenden, als ob es K. sei, der alles ?bertreibe. Sie sollte sich t?uschen, K. wollte nichts ?bertreiben, er wu?te, da? Fr?ulein B?rstner ein kleines Schreibmaschinenfr?ulein war, das ihm nicht lange Widerstand leisten sollte. Hierbei zog er absichtlich gar nicht in Berechnung, was er von Frau Grubach ?ber Fr?ulein B?rstner erfahren hatte. Das alles ?berlegte er, w?hrend er kaum gr??end das Zimmer verlie?. Er wollte gleich in sein Zimmer gehen, aber ein kleines Lachen des Fr?ulein Montag, das er hinter sich aus dem E?zimmer h?rte, brachte ihn auf den Gedanken, da? er vielleicht beiden, dem Hauptmann wie Fr?ulein Montag, eine ?berraschung bereiten k?nnte. Er sah sich um und horchte, ob aus irgendeinem der umliegenden Zimmer eine St?rung zu erwarten w?re, es war ?berall still, nur die Unterhaltung aus dem E?zimmer war zu h?ren und aus dem Gang, der zur K?che f?hrte, die Stimme der Frau Grubach. Die Gelegenheit schien g?nstig, K. ging zur T?r von Fr?ulein B?rstners Zimmer und klopfte leise. Da sich nichts r?hrte, klopfte er nochmals, aber es erfolgte noch immer keine Antwort. Schlief sie? Oder war sie wirklich unwohl? Oder verleugnete sie sich nur deshalb, weil sie ahnte, da? es nur K. sein konnte, der so leise klopfte? K. nahm an, da? sie sich verleugne, und klopfte st?rker, ?ffnete schlie?lich, da das Klopfen keinen Erfolg hatte, vorsichtig und nicht ohne das Gef?hl, etwas Unrechtes und ?berdies Nutzloses zu tun, die T?r. Im Zimmer war niemand. Es erinnerte ?brigens kaum mehr an das Zimmer, wie es K. gekannt hatte. An der Wand waren nun zwei Betten hintereinander aufgestellt, drei Sessel in der N?he der T?r waren mit Kleidern und W?sche ?berh?uft, ein Schrank stand offen. Fr?ulein B?rstner war wahrscheinlich fortgegangen, w?hrend Fr?ulein Montag im E?zimmer auf K. eingeredet hatte. K. war dadurch nicht sehr best?rzt, er hatte kaum mehr erwartet, Fr?ulein B?rstner so leicht zu treffen, er hatte diesen Versuch fast nur aus Trotz gegen Fr?ulein Montag gemacht. Um so peinlicher war es ihm aber, als er, w?hrend er die T?r wieder schlo?, in der offenen T?r des E?zimmers Fr?ulein Montag und den Hauptmann sich unterhalten sah. Sie standen dort vielleicht schon, seitdem K. die T?r ge?ffnet hatte, sie vermieden jeden Anschein, als ob sie K. etwa beobachteten, sie unterhielten sich leise und verfolgten K.s Bewegungen mit den Blicken nur so, wie man w?hrend eines Gespr?chs zerstreut umherblickt. Aber auf K. lagen diese Blicke doch schwer, er beeilte sich, an der Wand entlang in sein Zimmer zu kommen.
F?nftes KapitelDer Pr?gler
Als K. an einem der n?chsten Abende den Korridor passierte, der sein B?ro von der Haupttreppe trennte – er ging diesmal fast als der letzte nach Hause, nur in der Expedition arbeiteten noch zwei Diener im kleinen Lichtfeld einer Gl?hlampe –, h?rte er hinter einer T?r, hinter der er immer nur eine Rumpelkammer vermutet hatte, ohne sie jemals selbst gesehen zu haben, Seufzer aussto?en. Er blieb erstaunt stehen und horchte noch einmal auf, um festzustellen, ob er sich nicht irrte – es wurde ein Weilchen still, dann waren es aber doch wieder Seufzer. – Zuerst wollte er einen der Diener holen, man konnte vielleicht einen Zeugen brauchen, dann aber fa?te ihn eine derart unbez?hmbare Neugierde, da? er die T?r f?rmlich aufri?. Es war, wie er richtig vermutet hatte, eine Rumpelkammer. Unbrauchbare, alte Drucksorten, umgeworfene leere irdene Tintenflaschen lagen hinter der Schwelle. In der Kammer selbst aber standen drei M?nner, geb?ckt in dem niedrigen Raum. Eine auf einem Regal festgemachte Kerze gab ihnen Licht. »Was treibt ihr hier?« fragte K., sich vor Aufregung ?berst?rzend, aber nicht laut. Der eine Mann, der die anderen offenbar beherrschte und zuerst den Blick auf sich lenkte, stak in einer Art dunkler Lederkleidung, die den Hals bis tief zur Brust und die ganzen Arme nackt lie?. Er antwortete nicht. Aber die zwei anderen riefen: »Herr! Wir sollen gepr?gelt werden, weil du dich beim Untersuchungsrichter ?ber uns beklagt hast.« Und nun erst erkannte K., da? es wirklich die W?chter Franz und Willem waren, und da? der dritte eine Rute in der Hand hielt, um sie zu pr?geln. »Nun«, sagte K. und starrte sie an, »ich habe mich nicht beklagt, ich habe nur gesagt, wie es sich in meiner Wohnung zugetragen hat. Und einwandfrei habt ihr euch ja nicht benommen.« »Herr«, sagte Willem, w?hrend Franz sich hinter ihm vor dem dritten offenbar zu sichern suchte, »wenn Ihr w??tet, wie schlecht wir bezahlt sind, Ihr w?rdet besser ?ber uns urteilen. Ich habe eine Familie zu ern?hren, und Franz hier wollte heiraten, man sucht sich zu bereichern, wie es geht, durch blo?e Arbeit gelingt es nicht, selbst durch die angestrengteste. Euere feine W?sche hat mich verlockt, es ist nat?rlich den W?chtern verboten, so zu handeln, es war unrecht, aber Tradition ist es, da? die W?sche den W?chtern geh?rt, es ist immer so gewesen, glaubt es mir; es ist ja auch verst?ndlich, was bedeuten denn noch solche Dinge f?r den, welcher so ungl?cklich ist, verhaftet zu werden? Bringt er es dann allerdings ?ffentlich zur Sprache, dann mu? die Strafe erfolgen.« »Was ihr jetzt sagt, wu?te ich nicht, ich habe auch keineswegs eure Bestrafung verlangt, mir ging es um ein Prinzip.« »Franz«, wandte sich Willem zum anderen W?chter, »sagte ich dir nicht, da? der Herr unsere Bestrafung nicht verlangt hat? Jetzt h?rst du, da? er nicht einmal gewu?t hat, da? wir bestraft werden m?ssen.« »La? dich nicht durch solche Reden r?hren«, sagte der dritte zu K., »die Strafe ist ebenso gerecht als unvermeidlich.« »H?re nicht auf ihn«, sagte Willem und unterbrach sich nur, um die Hand, ?ber die er einen Rutenhieb bekommen hatte, schnell an den Mund zu f?hren, »wir werden nur gestraft, weil du uns angezeigt hast. Sonst w?re uns nichts geschehen, selbst wenn man erfahren h?tte, was wir getan haben. Kann man das Gerechtigkeit nennen? Wir zwei, insbesondere aber ich, hatten uns als W?chter durch lange Zeit sehr bew?hrt – du selbst mu?t eingestehen, da? wir, vom Gesichtspunkt der Beh?rde gesehen, gut gewacht haben – wir hatten Aussicht, vorw?rtszukommen und w?ren gewi? bald auch Pr?gler geworden wie dieser, der eben das Gl?ck hatte, von niemandem angezeigt worden zu sein, denn eine solche Anzeige kommt wirklich nur sehr selten vor. Und jetzt, Herr, ist alles verloren, unsere Laufbahn beendet, wir werden noch viel untergeordnetere Arbeiten leisten m?ssen, als es der Wachdienst ist, und ?berdies bekommen wir jetzt diese schrecklich schmerzhaften Pr?gel.« »Kann denn die Rute solche Schmerzen machen?« fragte K. und pr?fte die Rute, die der Pr?gler vor ihm schwang. »Wir werden uns ja ganz nackt ausziehen m?ssen«, sagte Willem. »Ach so«, sagte K. und sah den Pr?gler genau an, er war braun gebrannt wie ein Matrose und hatte ein wildes, frisches Gesicht. »Gibt es keine M?glichkeit, den beiden die Pr?gel zu ersparen?« fragte er ihn. »Nein«, sagte der Pr?gler und sch?ttelte l?chelnd den Kopf. »Zieht euch aus!« befahl er den W?chtern. Und zu K. sagte er: »Du mu?t ihnen nicht alles glauben, sie sind durch die Angst vor den Pr?geln schon ein wenig schwachsinnig geworden. Was dieser hier, zum Beispiel« – er zeigte auf Willem – »?ber seine m?gliche Laufbahn erz?hlt hat, ist geradezu l?cherlich. Sieh an, wie fett er ist – die ersten Rutenstreiche werden ?berhaupt im Fett verlorengehen. – Wei?t du, wodurch er so fett geworden ist? Er hat die Gewohnheit, allen Verhafteten das Fr?hst?ck aufzuessen. Hat er nicht auch dein Fr?hst?ck aufgegessen? Nun, ich sagte es ja. Aber ein Mann mit einem solchen Bauch kann nie und nimmermehr Pr?gler werden, das ist ganz ausgeschlossen.« »Es gibt auch solche Pr?gler«, behauptete Willem, der gerade seinen Hoseng?rtel l?ste. »Nein«, sagte der Pr?gler und strich ihm mit der Rute derartig ?ber den Hals, da? er zusammenzuckte, »du sollst nicht zuh?ren, sondern dich ausziehen.« »Ich w?rde dich gut belohnen, wenn du sie laufen l??t«, sagte K. und zog, ohne den Pr?gler nochmals anzusehen – solche Gesch?fte werden beiderseits mit niedergeschlagenen Augen am besten abgewickelt – seine Brieftasche hervor. »Du willst wohl dann auch mich anzeigen«, sagte der Pr?gler, »und auch noch mir Pr?gel verschaffen. Nein, nein!« »Sei doch vern?nftig«, sagte K., »wenn ich gewollt h?tte, da? diese beiden bestraft werden, w?rde ich sie doch jetzt nicht loskaufen wollen. Ich k?nnte einfach die T?r hier zuschlagen, nichts weiter sehen und h?ren wollen und nach Hause gehen. Nun tue ich das aber nicht, vielmehr liegt mir ernstlich daran, sie zu befreien; h?tte ich geahnt, da? sie bestraft werden sollen oder auch nur bestraft werden k?nnen, h?tte ich ihre Namen nie genannt. Ich halte sie n?mlich gar nicht f?r schuldig, schuldig ist die Organisation, schuldig sind die hohen Beamten.« »So ist es!« riefen die W?chter und bekamen sofort einen Hieb ?ber ihren schon entkleideten R?cken. »H?ttest du hier unter deiner Rute einen hohen Richter«, sagte K. und dr?ckte, w?hrend er sprach, die Rute, die sich schon wieder erheben wollte, nieder, »ich w?rde dich wahrhaftig nicht hindern, loszuschlagen, im Gegenteil, ich w?rde dir noch Geld geben, damit du dich f?r die gute Sache kr?ftigst.« »Was du sagst, klingt ja glaubw?rdig«, sagte der Pr?gler, »aber ich lasse mich nicht bestechen. Ich bin zum Pr?geln angestellt, also pr?gle ich.« Der W?chter Franz, der vielleicht in Erwartung eines guten Ausgangs des Eingreifens von K. bisher ziemlich zur?ckhaltend gewesen war, trat jetzt, nur noch mit den Hosen bekleidet, zur T?r, hing sich niederkniend an K.s Arm und fl?sterte: »Wenn du f?r uns beide Schonung nicht durchsetzen kannst, so versuche wenigstens, mich zu befreien. Willem ist ?lter als ich, in jeder Hinsicht weniger empfindlich, auch hat er schon einmal vor ein paar Jahren eine leichte Pr?gelstrafe bekommen, ich aber bin noch nicht entehrt und bin doch zu meiner Handlungsweise nur durch Willem gebracht worden, der im Guten und Schlechten mein Lehrer ist. Unten vor der Bank wartet meine arme Braut auf den Ausgang, ich sch?me mich ja so erb?rmlich.« Er trocknete mit K.s Rock sein von Tr?nen ganz ?berlaufenes Gesicht. »Ich warte nicht mehr«, sagte der Pr?gler, fa?te die Rute mit beiden H?nden und hieb auf Franz ein, w?hrend Willem in einem Winkel kauerte und heimlich zusah, ohne eine Kopfwendung zu wagen. Da erhob sich der Schrei, den Franz ausstie?, ungeteilt und unver?nderlich, er schien nicht von einem Menschen, sondern von einem gemarterten Instrument zu stammen, der ganze Korridor t?nte von ihm, das ganze Haus mu?te es h?ren. »Schrei nicht«, rief K. er konnte sich nicht zur?ckhalten, und w?hrend er gespannt in die Richtung sah, aus der die Diener kommen mu?ten, stie? er an Franz, nicht stark, aber doch stark genug, da? der Besinnungslose niederfiel und im Krampf mit den H?nden den Boden absuchte; den Schl?gen entging er aber nicht, die Rute fand ihn auch auf der Erde; w?hrend er sich unter ihr w?lzte, schwang sich ihre Spitze regelm??ig auf und ab. Und schon erschien in der Ferne ein Diener und ein paar Schritte hinter ihm ein zweiter. K.
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F?nftes KapitelDer Pr?gler
Als K. an einem der n?chsten Abende den Korridor passierte, der sein B?ro von der Haupttreppe trennte – er ging diesmal fast als der letzte nach Hause, nur in der Expedition arbeiteten noch zwei Diener im kleinen Lichtfeld einer Gl?hlampe –, h?rte er hinter einer T?r, hinter der er immer nur eine Rumpelkammer vermutet hatte, ohne sie jemals selbst gesehen zu haben, Seufzer aussto?en. Er blieb erstaunt stehen und horchte noch einmal auf, um festzustellen, ob er sich nicht irrte – es wurde ein Weilchen still, dann waren es aber doch wieder Seufzer. – Zuerst wollte er einen der Diener holen, man konnte vielleicht einen Zeugen brauchen, dann aber fa?te ihn eine derart unbez?hmbare Neugierde, da? er die T?r f?rmlich aufri?. Es war, wie er richtig vermutet hatte, eine Rumpelkammer. Unbrauchbare, alte Drucksorten, umgeworfene leere irdene Tintenflaschen lagen hinter der Schwelle. In der Kammer selbst aber standen drei M?nner, geb?ckt in dem niedrigen Raum. Eine auf einem Regal festgemachte Kerze gab ihnen Licht. »Was treibt ihr hier?« fragte K., sich vor Aufregung ?berst?rzend, aber nicht laut. Der eine Mann, der die anderen offenbar beherrschte und zuerst den Blick auf sich lenkte, stak in einer Art dunkler Lederkleidung, die den Hals bis tief zur Brust und die ganzen Arme nackt lie?. Er antwortete nicht. Aber die zwei anderen riefen: »Herr! Wir sollen gepr?gelt werden, weil du dich beim Untersuchungsrichter ?ber uns beklagt hast.« Und nun erst erkannte K., da? es wirklich die W?chter Franz und Willem waren, und da? der dritte eine Rute in der Hand hielt, um sie zu pr?geln. »Nun«, sagte K. und starrte sie an, »ich habe mich nicht beklagt, ich habe nur gesagt, wie es sich in meiner Wohnung zugetragen hat. Und einwandfrei habt ihr euch ja nicht benommen.« »Herr«, sagte Willem, w?hrend Franz sich hinter ihm vor dem dritten offenbar zu sichern suchte, »wenn Ihr w??tet, wie schlecht wir bezahlt sind, Ihr w?rdet besser ?ber uns urteilen. Ich habe eine Familie zu ern?hren, und Franz hier wollte heiraten, man sucht sich zu bereichern, wie es geht, durch blo?e Arbeit gelingt es nicht, selbst durch die angestrengteste. Euere feine W?sche hat mich verlockt, es ist nat?rlich den W?chtern verboten, so zu handeln, es war unrecht, aber Tradition ist es, da? die W?sche den W?chtern geh?rt, es ist immer so gewesen, glaubt es mir; es ist ja auch verst?ndlich, was bedeuten denn noch solche Dinge f?r den, welcher so ungl?cklich ist, verhaftet zu werden? Bringt er es dann allerdings ?ffentlich zur Sprache, dann mu? die Strafe erfolgen.« »Was ihr jetzt sagt, wu?te ich nicht, ich habe auch keineswegs eure Bestrafung verlangt, mir ging es um ein Prinzip.« »Franz«, wandte sich Willem zum anderen W?chter, »sagte ich dir nicht, da? der Herr unsere Bestrafung nicht verlangt hat? Jetzt h?rst du, da? er nicht einmal gewu?t hat, da? wir bestraft werden m?ssen.« »La? dich nicht durch solche Reden r?hren«, sagte der dritte zu K., »die Strafe ist ebenso gerecht als unvermeidlich.« »H?re nicht auf ihn«, sagte Willem und unterbrach sich nur, um die Hand, ?ber die er einen Rutenhieb bekommen hatte, schnell an den Mund zu f?hren, »wir werden nur gestraft, weil du uns angezeigt hast. Sonst w?re uns nichts geschehen, selbst wenn man erfahren h?tte, was wir getan haben. Kann man das Gerechtigkeit nennen? Wir zwei, insbesondere aber ich, hatten uns als W?chter durch lange Zeit sehr bew?hrt – du selbst mu?t eingestehen, da? wir, vom Gesichtspunkt der Beh?rde gesehen, gut gewacht haben – wir hatten Aussicht, vorw?rtszukommen und w?ren gewi? bald auch Pr?gler geworden wie dieser, der eben das Gl?ck hatte, von niemandem angezeigt worden zu sein, denn eine solche Anzeige kommt wirklich nur sehr selten vor. Und jetzt, Herr, ist alles verloren, unsere Laufbahn beendet, wir werden noch viel untergeordnetere Arbeiten leisten m?ssen, als es der Wachdienst ist, und ?berdies bekommen wir jetzt diese schrecklich schmerzhaften Pr?gel.« »Kann denn die Rute solche Schmerzen machen?« fragte K. und pr?fte die Rute, die der Pr?gler vor ihm schwang. »Wir werden uns ja ganz nackt ausziehen m?ssen«, sagte Willem. »Ach so«, sagte K. und sah den Pr?gler genau an, er war braun gebrannt wie ein Matrose und hatte ein wildes, frisches Gesicht. »Gibt es keine M?glichkeit, den beiden die Pr?gel zu ersparen?« fragte er ihn. »Nein«, sagte der Pr?gler und sch?ttelte l?chelnd den Kopf. »Zieht euch aus!« befahl er den W?chtern. Und zu K. sagte er: »Du mu?t ihnen nicht alles glauben, sie sind durch die Angst vor den Pr?geln schon ein wenig schwachsinnig geworden. Was dieser hier, zum Beispiel« – er zeigte auf Willem – »?ber seine m?gliche Laufbahn erz?hlt hat, ist geradezu l?cherlich. Sieh an, wie fett er ist – die ersten Rutenstreiche werden ?berhaupt im Fett verlorengehen. – Wei?t du, wodurch er so fett geworden ist? Er hat die Gewohnheit, allen Verhafteten das Fr?hst?ck aufzuessen. Hat er nicht auch dein Fr?hst?ck aufgegessen? Nun, ich sagte es ja. Aber ein Mann mit einem solchen Bauch kann nie und nimmermehr Pr?gler werden, das ist ganz ausgeschlossen.« »Es gibt auch solche Pr?gler«, behauptete Willem, der gerade seinen Hoseng?rtel l?ste. »Nein«, sagte der Pr?gler und strich ihm mit der Rute derartig ?ber den Hals, da? er zusammenzuckte, »du sollst nicht zuh?ren, sondern dich ausziehen.« »Ich w?rde dich gut belohnen, wenn du sie laufen l??t«, sagte K. und zog, ohne den Pr?gler nochmals anzusehen – solche Gesch?fte werden beiderseits mit niedergeschlagenen Augen am besten abgewickelt – seine Brieftasche hervor. »Du willst wohl dann auch mich anzeigen«, sagte der Pr?gler, »und auch noch mir Pr?gel verschaffen. Nein, nein!« »Sei doch vern?nftig«, sagte K., »wenn ich gewollt h?tte, da? diese beiden bestraft werden, w?rde ich sie doch jetzt nicht loskaufen wollen. Ich k?nnte einfach die T?r hier zuschlagen, nichts weiter sehen und h?ren wollen und nach Hause gehen. Nun tue ich das aber nicht, vielmehr liegt mir ernstlich daran, sie zu befreien; h?tte ich geahnt, da? sie bestraft werden sollen oder auch nur bestraft werden k?nnen, h?tte ich ihre Namen nie genannt. Ich halte sie n?mlich gar nicht f?r schuldig, schuldig ist die Organisation, schuldig sind die hohen Beamten.« »So ist es!« riefen die W?chter und bekamen sofort einen Hieb ?ber ihren schon entkleideten R?cken. »H?ttest du hier unter deiner Rute einen hohen Richter«, sagte K. und dr?ckte, w?hrend er sprach, die Rute, die sich schon wieder erheben wollte, nieder, »ich w?rde dich wahrhaftig nicht hindern, loszuschlagen, im Gegenteil, ich w?rde dir noch Geld geben, damit du dich f?r die gute Sache kr?ftigst.« »Was du sagst, klingt ja glaubw?rdig«, sagte der Pr?gler, »aber ich lasse mich nicht bestechen. Ich bin zum Pr?geln angestellt, also pr?gle ich.« Der W?chter Franz, der vielleicht in Erwartung eines guten Ausgangs des Eingreifens von K. bisher ziemlich zur?ckhaltend gewesen war, trat jetzt, nur noch mit den Hosen bekleidet, zur T?r, hing sich niederkniend an K.s Arm und fl?sterte: »Wenn du f?r uns beide Schonung nicht durchsetzen kannst, so versuche wenigstens, mich zu befreien. Willem ist ?lter als ich, in jeder Hinsicht weniger empfindlich, auch hat er schon einmal vor ein paar Jahren eine leichte Pr?gelstrafe bekommen, ich aber bin noch nicht entehrt und bin doch zu meiner Handlungsweise nur durch Willem gebracht worden, der im Guten und Schlechten mein Lehrer ist. Unten vor der Bank wartet meine arme Braut auf den Ausgang, ich sch?me mich ja so erb?rmlich.« Er trocknete mit K.s Rock sein von Tr?nen ganz ?berlaufenes Gesicht. »Ich warte nicht mehr«, sagte der Pr?gler, fa?te die Rute mit beiden H?nden und hieb auf Franz ein, w?hrend Willem in einem Winkel kauerte und heimlich zusah, ohne eine Kopfwendung zu wagen. Da erhob sich der Schrei, den Franz ausstie?, ungeteilt und unver?nderlich, er schien nicht von einem Menschen, sondern von einem gemarterten Instrument zu stammen, der ganze Korridor t?nte von ihm, das ganze Haus mu?te es h?ren. »Schrei nicht«, rief K. er konnte sich nicht zur?ckhalten, und w?hrend er gespannt in die Richtung sah, aus der die Diener kommen mu?ten, stie? er an Franz, nicht stark, aber doch stark genug, da? der Besinnungslose niederfiel und im Krampf mit den H?nden den Boden absuchte; den Schl?gen entging er aber nicht, die Rute fand ihn auch auf der Erde; w?hrend er sich unter ihr w?lzte, schwang sich ihre Spitze regelm??ig auf und ab. Und schon erschien in der Ferne ein Diener und ein paar Schritte hinter ihm ein zweiter. K.
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