rde. K. h?tte ihn zum Eintreten aufmuntern k?nnen, aber er hatte sich vorgenommen, nicht nur mit dem Advokaten, sondern mit allem, was hier in der Wohnung war, endg?ltig zu brechen und verhielt sich deshalb regungslos. Auch Leni schwieg. Block bemerkte, da? ihn wenigstens niemand verjage und trat auf den Fu?spitzen ein, das Gesicht gespannt, die H?nde auf dem R?cken verkrampft. Die T?r hatte er f?r einen m?glichen R?ckzug offen gelassen. K. blickte er gar nicht an, sondern immer nur das hohe Federbett, unter dem der Advokat, da er sich ganz nahe an die Wand geschoben hatte, nicht einmal zu sehen war. Da h?rte man aber seine Stimme: »Block hier?« fragte er. Diese Frage gab Block, der schon eine gro?e Strecke weiterger?ckt war, f?rmlich einen Sto? in die Brust und dann einen in den R?cken, er taumelte, blieb tief geb?ckt stehen und sagte: »Zu dienen.« »Was willst du?« fragte der Advokat, »du kommst ungelegen.« »Wurde ich nicht gerufen?« fragte Block mehr sich selbst als den Advokaten, hielt die H?nde zum Schutze vor und war bereit, wegzulaufen. »Du wurdest gerufen«, sagte der Advokat, »trotzdem kommst du ungelegen.« Und nach einer Pause f?gte er hinzu: »Du kommst immer ungelegen.« Seitdem der Advokat sprach, sah Block nicht mehr auf das Bett hin, er starrte vielmehr irgendwo in eine Ecke und lauschte nur, als sei der Anblick des Sprechers zu blendend, als da? er ihn ertragen k?nnte. Es war aber auch das Zuh?ren schwer, denn der Advokat sprach gegen die Wand, und zwar leise und schnell. »Wollt Ihr, da? ich weggehe?« fragte Block. »Nun bist du einmal da«, sagte der Advokat. »Bleib!« Man h?tte glauben k?nnen, der Advokat habe nicht Blocks Wunsch erf?llt, sondern ihm, etwa mit Pr?geln, gedroht, denn jetzt fing Block wirklich zu zittern an. »Ich war gestern«, sagte der Advokat, »beim Dritten Richter, meinem Freund, und habe allm?hlich das Gespr?ch auf dich gelenkt. Willst du wissen, was er sagte?« »O bitte«, sagte Block. Da der Advokat nicht gleich antwortete, wiederholte Block nochmals die Bitte und neigte sich, als wolle er niederknien. Da fuhr ihn aber K. an: »Was tust du?« rief er. Da ihn Leni an dem Ausruf hatte hindern wollen, fa?te er auch ihre zweite Hand. Es war nicht der Druck der Liebe, mit dem er sie festhielt, sie seufzte auch ?fters und suchte ihm die H?nde zu entwinden. F?r K.s Ausruf aber wurde Block gestraft, denn der Advokat fragte ihn: »Wer ist denn dein Advokat?« »Ihr seid es«, sagte Block. »Und au?er mir?« fragte der Advokat. »Niemand au?er Euch«, sagte Block. »Dann folge auch niemandem sonst«, sagte der Advokat. Block erkannte das vollst?ndig an, er ma? K. mit b?sen Blicken und sch?ttelte heftig gegen ihn den Kopf. H?tte man dieses Benehmen in Worte ?bersetzt, so w?ren es grobe Beschimpfungen gewesen. Mit diesem Menschen hatte K. freundschaftlich ?ber seine eigene Sache reden wollen! »Ich werde dich nicht mehr st?ren«, sagte K., in den Sessel zur?ckgelehnt. »Knie nieder oder krieche auf allen vieren, tu, was du willst. Ich werde mich darum nicht k?mmern.« Aber Block hatte doch Ehrgef?hl, wenigstens gegen?ber K., denn er ging, mit den F?usten fuchtelnd, auf ihn zu, und rief so laut, als er es nur in der N?he des Advokaten wagte: »Sie d?rfen nicht so mit mir reden, das ist nicht erlaubt. Warum beleidigen Sie mich? Und ?berdies noch hier, vor dem Herrn Advokaten, wo wir beide, Sie und ich, nur aus Barmherzigkeit geduldet sind? Sie sind kein besserer Mensch als ich, denn Sie sind auch angeklagt und haben auch einen Proze?. Wenn Sie aber trotzdem noch ein Herr sind, dann bin ich ein ebensolcher Herr, wenn nicht gar ein noch gr??erer. Und ich will auch als ein solcher angesprochen werden, gerade von Ihnen. Wenn Sie sich aber dadurch f?r bevorzugt halten, da? Sie hier sitzen und ruhig zuh?ren d?rfen, w?hrend ich, wie Sie sich ausdr?cken, auf allen vieren krieche, dann erinnere ich Sie an den alten Rechtsspruch: f?r den Verd?chtigen ist Bewegung besser als Ruhe, denn der, welcher ruht, kann immer, ohne es zu wissen, auf einer Waagschale sein und mit seinen S?nden gewogen werden.« K. sagte nichts, er staunte nur mit unbeweglichen Augen diesen verwirrten Menschen an. Was f?r Ver?nderungen waren mit ihm nur schon in der letzten Stunde vor sich gegangen! War es der Proze?, der ihn so hin und her warf und ihn nicht erkennen lie?, wo Freund und wo Feind war? Sah er denn nicht, da? der Advokat ihn absichtlich dem?tigte und diesmal nichts anderes bezweckte, als sich vor K. mit seiner Macht zu br?sten und sich dadurch vielleicht auch K. zu unterwerfen? Wenn Block aber nicht f?hig war, das zu erkennen oder wenn er den Advokaten so sehr f?rchtete, da? ihm jene Erkenntnis nichts helfen konnte, wie kam es, da? er doch wieder so schlau oder so k?hn war, den Advokaten zu betr?gen und ihm zu verschweigen, da? er au?er ihm noch andere Advokaten f?r sich arbeiten lie?? Und wie wagte er es, K. anzugreifen, da dieser doch gleich sein Geheimnis verraten konnte? Aber er wagte noch mehr, er ging zum Bett des Advokaten und begann, sich nun auch dort ?ber K. zu beschweren: »Herr Advokat«, sagte er, »habt Ihr geh?rt, wie dieser Mann mit mir gesprochen hat? Man kann noch die Stunden seines Prozesses z?hlen, und schon will er mir, einem Mann, der F?nfjahre im Prozesse steht, gute Lehren geben. Er beschimpft mich sogar. Wei? nichts und beschimpft mich, der ich, soweit meine schwachen Kr?fte reichen, genau studiert habe, was Anstand, Pflicht und Gerichtsgebrauch verlangt.« »K?mmere dich um niemanden«, sagte der Advokat, »und tue, was dir richtig scheint.« »Gewi?«, sagte Block, als spreche er sich selbst Mut zu, und kniete unter einem kurzen Seitenblick nun knapp beim Bett nieder. »Ich knie schon, mein Advokat«, sagte er. Der Advokat schwieg aber. Block streichelte mit einer Hand vorsichtig das Federbett. In der Stille, die jetzt herrschte, sagte Leni, indem sie sich von K.s H?nden befreite: »Du machst mir Schmerzen. La? mich. Ich gehe zu Block.« Sie ging hin und setzte sich auf den Bettrand. Block war ?ber ihr Kommen sehr erfreut, er bat sie gleich durch lebhafte, aber stumme Zeichen, sich beim Advokaten f?r ihn einzusetzen. Er ben?tigte offenbar die Mitteilungen des Advokaten sehr dringend, aber vielleicht nur zu dem Zweck, um sie durch seine ?brigen Advokaten ausnutzen zu lassen. Leni wu?te wahrscheinlich genau, wie man dem Advokaten beikommen k?nne, sie zeigte auf die Hand des Advokaten und spitzte die Lippen wie zum Ku?. Gleich f?hrte Block den Handku? aus und wiederholte ihn, auf eine Aufforderung Lenis hin, noch zweimal. Aber der Advokat schwieg noch immer. Da beugte sich Leni ?ber den Advokaten hin, der sch?ne Wuchs ihres K?rpers wurde sichtbar, als sie sich so streckte, und strich, tief zu seinem Gesicht geneigt, ?ber sein langes, wei?es Haar. Das zwang ihm nun doch eine Antwort ab. »Ich z?gere, es ihm mitzuteilen«, sagte der Advokat, und man sah, wie er den Kopf ein wenig sch?ttelte, vielleicht, um des Druckes von Lenis Hand mehr teilhaftig zu werden. Block horchte mit gesenktem Kopf, als ?bertrete er durch dieses Horchen ein Gebot. »Warum z?gerst du denn?« fragte Leni. K. hatte das Gef?hl, als h?re er ein einstudiertes Gespr?ch, das sich schon oft wiederholt hatte, das sich noch oft wiederholen w?rde und das nur f?r Block seine Neuheit nicht verlieren konnte. »Wie hat er sich heute verhalten?« fragte der Advokat, statt zu antworten. Ehe sich Leni dar?ber ?u?erte, sah sie zu Block hinunter und beobachtete ein Weilchen, wie er die H?nde ihr entgegenhob und bittend aneinander rieb. Schlie?lich nickte sie ernst, wandte sich zum Advokaten und sagte: »Er war ruhig und flei?ig.« Ein alter Kaufmann, ein Mann mit langem Bart, flehte ein junges M?dchen um ein g?nstiges Zeugnis an. Mochte er dabei auch Hintergedanken haben, nichts konnte ihn in den Augen eines Mitmenschen rechtfertigen. K. begriff nicht, wie der Advokat daran hatte denken k?nnen, durch diese Vorf?hrung ihn zu gewinnen. H?tte er ihn nicht schon fr?her verjagt, er h?tte es durch diese Szene erreicht. Er entw?rdigte fast den Zuseher. So bewirkte also die Methode des Advokaten, welcher K. gl?cklicherweise nicht lange genug ausgesetzt gewesen war, da? der Klient schlie?lich die ganze Welt verga? und nur auf diesem Irrweg zum Ende des Prozesses sich fortzuschleppen hoffte. Das war kein Klient mehr, das war der Hund des Advokaten. H?tte ihm dieser befohlen, unter das Bett wie in eine Hundeh?tte zu kriechen und von dort aus zu bellen, er h?tte es mit Lust getan. Als sei K. beauftragt, alles, was hier gesprochen wurde, genau in sich aufzunehmen, an einem h?heren Ort die Anzeige davon zu erstatten und einen Bericht abzulegen, h?rte er pr?fend und ?berlegen zu. »Was hat er w?hrend des ganzen Tages getan?« fragte der Advokat. »Ich habe ihn«, sagte Leni, »damit er mich bei der Arbeit nicht st?re, in dem Dienstm?dchenzimmer eingesperrt, wo er sich ja gew?hnlich aufh?lt. Durch die L?cke konnte ich von Zeit zu Zeit nachsehen, was er machte. Er kniete immer auf dem Bett, hatte die Schriften, die du ihm geliehen hast, auf dem Fensterbrett aufgeschlagen und las in ihnen. Das hat einen guten Eindruck auf mich gemacht; das Fenster f?hrt n?mlich nur in einen Luftschacht und gibt fast kein Licht. Da? Block trotzdem las, zeigte mir, wie folgsam er ist.« »Es freut mich, das zu h?ren«, sagte der Advokat. »Hat er aber auch mit Verst?ndnis gelesen?« Block bewegte w?hrend dieses Gespr?chs unaufh?rlich die Lippen, offenbar formulierte er die Antworten, die er von Leni erhoffte. »Darauf kann ich nat?rlich«, sagte Leni, »nicht mit Bestimmtheit antworten. Jedenfalls habe ich gesehen, da? er gr?ndlich las. Er hat den ganzen Tag ?ber die gleiche Seite gelesen und beim Lesen den Finger die Zeilen entlanggef?hrt. Immer, wenn ich zu ihm hineinsah, hat er geseufzt, als mache ihm das Lesen viel M?he. Die Schriften, die du ihm geliehen hast, sind wahrscheinlich schwer verst?ndlich.« »Ja«, sagte der Advokat, »das sind sie allerdings. Ich glaube auch nicht, da? er etwas von ihnen versteht. Sie sollen ihm nur eine Ahnung davon geben, wie schwer der Kampf ist, den ich zu seiner Verteidigung f?hre. Und f?r wen f?hre ich diesen schweren Kampf? F?r – es ist fast l?cherlich, es auszusprechen – f?r Block. Auch was das bedeutet, soll er begreifen lernen. Hat er ununterbrochen studiert?« »Fast ununterbrochen«, antwortete Leni, »nur einmal hat er mich um Wasser zum Trinken gebeten. Da habe ich ihm ein Glas durch die Luke gereicht. Um acht Uhr habe ich ihn dann herausgelassen und ihm etwas zu essen gegeben.« Block streifte K. mit einem Seitenblick, als werde hier R?hmendes von ihm erz?hlt und m?sse auch auf K. Eindruck machen. Er schien jetzt gute Hoffnungen zu haben, bewegte sich freier und r?ckte auf den Knien hin und her. Desto deutlicher war es, wie er unter den folgenden Worten des Advokaten erstarrte: »Du lobst ihn«, sagte der Advokat. »Aber gerade das macht es mir schwer, zu reden. Der Richter hatte sich n?mlich nicht g?nstig ausgesprochen, weder ?ber Block selbst, noch ?ber seinen Proze?.« »Nicht g?nstig?« fragte Leni. »Wie ist das m?glich?« Block sah sie mit einem so gespannten Blick an, als traue er ihr die F?higkeit zu, jetzt noch die l?ngst ausgesprochenen Worte des Richters zu seinen Gunsten zu wenden. »Nicht g?nstig«, sagte der Advokat. »Er war sogar unangenehm ber?hrt, als ich von Block zu sprechen anfing. ›Reden Sie nicht von Block‹, sagte er. ›Er ist mein Klient‹, sagte ich. ›Sie lassen sich mi?brauchen‹, sagte er. ›Ich halte seine Sache nicht f?r verloren‹, sagte ich. ›Sie lassen sich mi?brauchen‹, wiederholte er. ›Ich glaube es nicht‹, sagte ich. ›Block ist im Proze? flei?ig und immer hinter seiner Sache her. Er wohnt fast bei mir, um immer auf dem laufenden zu sein. Solchen Eifer findet man nicht immer. Gewi?, er ist pers?nlich nicht angenehm, hat h??liche Umgangsformen und ist schmutzig, aber in prozessualer Hinsicht ist er untadelhaft.‹ Ich sagte untadelhaft, ich ?bertrieb absichtlich. Darauf sagte er: ›Block ist blo? schlau. Er hat viel Erfahrung angesammelt und versteht es, den Proze? zu verschleppen. Aber seine Unwissenheit ist noch viel gr??er als seine Schlauheit. Was w?rde er wohl dazu sagen, wenn er erf?hre, da? sein Proze? noch gar nicht begonnen hat, wenn man ihm sagte, da? noch nicht einmal das Glockenzeichen zum Beginn des Prozesses gegeben ist.‹ Ruhig, Block«, sagte der Advokat, denn Block begann sich gerade auf unsicheren Knien zu erheben und wollte offenbar um Aufkl?rung bitten. Es war jetzt das erstemal, da? sich der Advokat mit ausf?hrlichen Worten geradezu an Block wendete. Mit m?den Augen sah er halb ziellos, halb zu Block hinunter, der unter diesem Blick wieder langsam in die Knie zur?cksank. »Diese ?u?erung des Richters hat f?r dich gar keine Bedeutung«, sagte der Advokat. »Erschrick doch nicht bei jedem Wort. Wenn sich das wiederholt, werde ich dir gar nichts mehr verraten. Man kann keinen Satz beginnen, ohne da?
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