?te ich sie wohl am wenigsten erkl?ren, aber Sie sehen mich so best?rzt an und deshalb tue ich es, diese Sonderbarkeit besteht darin, da? Leni die meisten Angeklagten sch?n findet. Sie h?ngt sich an alle, liebt alle, scheint allerdings auch von allen geliebt zu werden; um mich zu unterhalten, erz?hlt sie mir dann, wenn ich es erlaube, manchmal davon. Ich bin ?ber das Ganze nicht so erstaunt, wie Sie es zu sein scheinen. Wenn man den richtigen Blick daf?r hat, findet man die Angeklagten wirklich oft sch?n. Das allerdings ist eine merkw?rdige, gewisserma?en naturwissenschaftliche Erscheinung. Es tritt nat?rlich als Folge der Anklage nicht etwa eine deutliche, genau zu bestimmende Ver?nderung des Aussehens ein. Es ist doch nicht wie bei anderen Gerichtssachen, die meisten bleiben in ihrer gew?hnlichen Lebensweise und werden, wenn sie einen guten Advokaten haben, der f?r sie sorgt, durch den Proze? nicht behindert. Trotzdem sind diejenigen, welche darin Erfahrung haben, imstande, aus der gr??ten Menge die Angeklagten, Mann f?r Mann, zu erkennen. Woran? werden Sie fragen. Meine Antwort wird Sie nicht befriedigen. Die Angeklagten sind eben die Sch?nsten. Es kann nicht die Schuld sein, die sie sch?n macht, denn – so mu? wenigstens ich als Advokat sprechen – es sind doch nicht alle schuldig, es kann auch nicht die richtige Strafe sein, die sie jetzt schon sch?n macht, denn es werden doch nicht alle bestraft, es kann also nur an dem gegen sie erhobenen Verfahren liegen, das ihnen irgendwie anhaftet. Allerdings gibt es unter den Sch?nen auch besonders sch?ne. Sch?n sind aber alle, selbst Block, dieser elende Wurm.«
K. war, als der Advokat geendet hatte, vollst?ndig gefa?t, er hatte sogar zu den letzten Worten auffallend genickt und sich so selbst die Best?tigung seiner alten Ansicht gegeben, nach welcher der Advokat ihn immer und so auch diesmal durch allgemeine Mitteilungen, die nicht zur Sache geh?rten, zu zerstreuen und von der Hauptfrage, was er an tats?chlicher Arbeit f?r K.s Sache getan hatte, abzulenken suchte. Der Advokat merkte wohl, da? ihm K. diesmal mehr Widerstand leistete als sonst, denn er verstummte jetzt, um K. die M?glichkeit zu geben, selbst zu sprechen, und fragte dann, da K. stumm blieb: »Sind Sie heute mit einer bestimmten Absicht zu mir gekommen?« »Ja«, sagte K. und blendete mit der Hand ein wenig die Kerze ab, um den Advokaten besser zu sehen, »ich wollte Ihnen sagen, da? ich Ihnen mit dem heutigen Tage meine Vertretung entziehe.« »Verstehe ich Sie recht?« fragte der Advokat, erhob sich halb im Bett und st?tzte sich mit einer Hand auf die Kissen. »Ich nehme es an«, sagte K., der straff aufgerichtet, wie auf der Lauer, dasa?. »Nun, wir k?nnen ja auch diesen Plan besprechen«, sagte der Advokat nach einem Weilchen. »Es ist kein Plan mehr«, sagte K. »Mag sein«, sagte der Advokat, »wir wollen aber trotzdem nichts ?bereilen.« Er gebrauchte das Wort »wir«, als habe er nicht die Absicht, K. freizulassen, und als wolle er, wenn er schon nicht sein Vertreter sein d?rfte, wenigstens sein Berater bleiben. »Es ist nicht ?bereilt«, sagte K., stand langsam auf und trat hinter seinen Sessel, »es ist gut ?berlegt und vielleicht sogar zu lange. Der Entschlu? ist endg?ltig.« »Dann erlauben Sie mir nur noch einige Worte«, sagte der Advokat, hob das Federbett weg und setzte sich auf den Bettrand. Seine nackten, wei?haarigen Beine zitterten vor K?lte. Er bat K., ihm vom Kanapee eine Decke zu reichen. K. holte die Decke und sagte: »Sie setzten sich ganz unn?tig einer Verk?hlung aus.« »Der Anla? ist wichtig genug«, sagte der Advokat, w?hrend er mit dem Federbett den Oberk?rper umh?llte und dann die Beine in die Decke einwickelte. »Ihr Onkel ist mein Freund, und auch Sie sind mir im Laufe der Zeit lieb geworden. Ich gestehe das offen ein. Ich brauche mich dessen nicht zu sch?men.« Diese r?hrseligen Reden des alten Mannes waren K. sehr unwillkommen, denn sie zwangen ihn zu einer ausf?hrlicheren Erkl?rung, die er gern vermieden h?tte, und sie beirrten ihn au?erdem, wie er sich offen eingestand, wenn sie allerdings auch seinen Entschlu? niemals r?ckg?ngig machen konnten. »Ich danke Ihnen f?r Ihre freundliche Gesinnung«, sagte er, »ich erkenne auch an, da? Sie sich meiner Sache so sehr angenommen haben, wie es Ihnen m?glich ist und wie es Ihnen f?r mich vorteilhaft scheint. Ich jedoch habe in der letzten Zeit die ?berzeugung gewonnen, da? das nicht gen?gend ist. Ich werde nat?rlich niemals versuchen, Sie, einen soviel ?lteren und erfahreneren Mann, von meiner Ansicht ?berzeugen zu wollen; wenn ich es manchmal unwillk?rlich versucht habe, so verzeihen Sie mir, die Sache aber ist, wie Sie sich selbst ausdr?ckten, wichtig genug, und es ist meiner ?berzeugung nach notwendig, viel kr?ftiger in den Proze? einzugreifen, als es bisher geschehen ist.« »Ich verstehe Sie«, sagte der Advokat, »Sie sind ungeduldig.« »Ich bin nicht ungeduldig«, sagte K. ein wenig gereizt und achtete nicht mehr soviel auf seine Worte. »Sie d?rften bei meinem ersten Besuch, als ich mit meinem Onkel zu Ihnen kam, bemerkt haben, da? mir an dem Proze? nicht viel lag, wenn man mich nicht gewisserma?en gewaltsam an ihn erinnerte, verga? ich ihn vollst?ndig. Aber mein Onkel bestand darauf, da? ich Ihnen meine Vertretung ?bergebe, ich tat es, um ihm gef?llig zu sein. Und nun h?tte man doch erwarten sollen, da? mir der Proze? noch leichter fallen w?rde als bis dahin, denn man ?bergibt doch dem Advokaten die Vertretung, um die Last des Prozesses ein wenig von sich abzuw?lzen. Es geschah aber das Gegenteil. Niemals fr?her hatte ich so gro?e Sorgen wegen des Prozesses wie seit der Zeit, seitdem Sie mich vertreten. Als ich allein war, unternahm ich nichts in meiner Sache, aber ich f?hlte es kaum, jetzt dagegen hatte ich einen Vertreter, alles war daf?r eingerichtet, da? etwas geschehe, unaufh?rlich und immer gespannter erwartete ich Ihr Eingreifen, aber es blieb aus. Ich bekam von Ihnen allerdings verschiedene Mitteilungen ?ber das Gericht, die ich vielleicht von niemandem sonst h?tte bekommen k?nnen. Aber das kann mir nicht gen?gen, wenn mir jetzt der Proze?, f?rmlich im geheimen, immer n?her an den Leib r?ckt.« K. hatte den Sessel von sich gesto?en und stand, die H?nde in den Rocktaschen, aufrecht da. »Von einem gewissen Zeitpunkt der Praxis an«, sagte der Advokat leise und ruhig, »ereignet sich nichts wesentlich Neues mehr. Wie viele Parteien sind in ?hnlichen Stadien der Prozesse ?hnlich wie Sie vor mir gestanden und haben ?hnlich gesprochen!« »Dann haben«, sagte K., »alle diese ?hnlichen Parteien ebenso recht gehabt wie ich. Das widerlegt mich gar nicht.« »Ich wollte Sie damit nicht widerlegen«, sagte der Advokat, »ich wollte aber noch hinzuf?gen, da? ich bei Ihnen mehr Urteilskraft erwartet h?tte als bei den anderen, besonders da ich Ihnen mehr Einblick in das Gerichtswesen und in meine T?tigkeit gegeben habe, als ich es sonst Parteien gegen?ber tue. Und nun mu? ich sehen, da? Sie trotz allem nicht gen?gend Vertrauen zu mir haben. Sie machen es mir nicht leicht.« Wie sich der Advokat vor K. dem?tigte! Ohne jede R?cksicht auf die Standesehre, die gewi? gerade in diesem Punkte am empfindlichsten ist. Und warum tat er das? Er war doch dem Anschein nach ein vielbesch?ftigter Advokat und ?berdies ein reicher Mann, es konnte ihm an und f?r sich weder an dem Verdienstentgang noch an dem Verlust eines Klienten viel liegen. Au?erdem war er kr?nklich und h?tte selbst darauf bedacht sein sollen, da? ihm Arbeit abgenommen werde. Und trotzdem hielt er K. so fest! Warum? War es pers?nliche Anteilnahme f?r den Onkel oder sah er K.s Proze? wirklich f?r so au?erordentlich an und hoffte, sich darin auszuzeichnen, entweder f?r K. oder – diese M?glichkeit war eben niemals auszuschlie?en – f?r die Freunde beim Gericht? An ihm selbst war nichts zu erkennen, so r?cksichtslos ihn auch K. ansah. Man h?tte fast annehmen k?nnen, er warte mit absichtlich verschlossener Miene die Wirkung seiner Worte ab. Aber er deutete offenbar das Schweigen K.s f?r sich allzu g?nstig, wenn er jetzt fortfuhr: »Sie werden bemerkt haben, da? ich zwar eine gro?e Kanzlei habe, aber keine Hilfskr?fte besch?ftige. Das war fr?her anders, es gab eine Zeit, wo einige junge Juristen f?r mich arbeiteten, heute arbeite ich allein. Es h?ngt dies zum Teil mit der ?nderung meiner Praxis zusammen, indem ich mich immer mehr auf Rechtssachen von der Art der Ihrigen beschr?nke, zum Teil mit der immer tieferen Erkenntnis, die ich von diesen Rechtssachen erhielt. Ich fand, da? ich diese Arbeit niemandem ?berlassen d?rfe, wenn ich mich nicht an meinen Klienten und an der Aufgabe, die ich ?bernommen hatte, vers?ndigen wollte. Der Entschlu? aber, alle Arbeit selbst zu leisten, hatte die nat?rlichen Folgen: ich mu?te fast alle Ansuchen um Vertretungen abweisen und konnte nur denen nachgeben, die mir besonders nahegingen – nun, es gibt ja genug Kreaturen, und sogar ganz in der N?he, die sich auf jeden Brocken st?rzen, den ich wegwerfe. Und au?erdem wurde ich vor ?beranstrengung krank. Aber trotzdem bereue ich meinen Entschlu? nicht, es ist m?glich, da? ich mehr Vertretungen h?tte abweisen sollen, als ich getan habe, da? ich aber den ?bernommenen Prozessen mich ganz hingegeben habe, hat sich als unbedingt notwendig herausgestellt und durch die Erfolge belohnt. Ich habe einmal in einer Schrift den Unterschied sehr sch?n ausgedr?ckt gefunden, der zwischen der Vertretung in gew?hnlichen Rechtssachen und der Vertretung in diesen Rechtssachen besteht. Es hie? dort: der Advokat f?hrt seinen Klienten an einem Zwirnsfaden bis zum Urteil, der andere aber hebt seinen Klienten gleich auf die Schultern und tr?gt ihn, ohne ihn abzusetzen, zum Urteil und noch dar?ber hinaus. So ist es. Aber es war nicht ganz richtig, wenn ich sagte, da? ich diese gro?e Arbeit niemals bereue. Wenn sie, wie in Ihrem Fall, so vollst?ndig verkannt wird, dann, nun dann bereue ich fast.« K. wurde durch diese Reden mehr ungeduldig als ?berzeugt. Er glaubte irgendwie aus dem Tonfall des Advokaten herauszuh?ren, was ihn erwartete, wenn er nachg?be, wieder w?rden Vertr?stungen beginnen, die Hinweise auf die fortschreitende Eingabe, auf die gebesserte Stimmung der Gerichtsbeamten, aber auch auf die gro?en Schwierigkeiten, die sich der Arbeit entgegenstellten, – kurz, all das bis zum ?berdru? Bekannte w?rde hervorgeholt werden, um K. wieder mit unbestimmten Hoffnungen zu t?uschen und mit unbestimmten Drohungen zu qu?len. Das mu?te endg?ltig verhindert werden, er sagte deshalb: »Was wollen Sie in meiner Sache unternehmen, wenn Sie die Vertretung behalten?« Der Advokat f?gte sich sogar dieser beleidigenden Frage und antwortete: »In dem, was ich f?r Sie bereits unternommen habe, weiter fortfahren.« »Ich wu?te es ja«, sagte K., »nun ist aber jedes weitere Wort ?berfl?ssig.« »Ich werde noch einen Versuch machen«, sagte der Advokat, als geschehe das, was K. erregte, nicht K., sondern ihm. »Ich habe n?mlich die Vermutung, da? Sie nicht nur zu der falschen Beurteilung meines Rechtsbeistandes, sondern auch zu Ihrem sonstigen Verhalten dadurch verleitet werden, da? man Sie, obwohl Sie Angeklagter sind, zu gut behandelt oder, richtiger ausgedr?ckt, nachl?ssig, scheinbar nachl?ssig behandelt. Auch dieses letztere hat seinen Grund; es ist oft besser, in Ketten, als frei zu sein. Aber ich m?chte Ihnen doch zeigen, wie andere Angeklagte behandelt werden, vielleicht gelingt es Ihnen, daraus eine Lehre zu nehmen. Ich werde jetzt n?mlich Block vorrufen, sperren Sie die T?r auf und setzen Sie sich hier neben den Nachttisch!« »Gerne«, sagte K. und tat, was der Advokat verlangt hatte; zu lernen war er immer bereit. Um sich aber f?r jeden Fall zu sichern, fragte er noch: »Sie haben aber zur Kenntnis genommen, da? ich Ihnen meine Vertretung entziehe?« »Ja«, sagte der Advokat, »Sie k?nnen es aber heute noch r?ckg?ngig machen.« Er legte sich wieder ins Bett zur?ck, zog das Federbett bis zum Kinn und drehte sich der Wand zu. Dann l?utete er.
Fast gleichzeitig mit dem Glockenzeichen erschien Leni, sie suchte durch rasche Blicke zu erfahren, was geschehen war; da? K. ruhig beim Bett des Advokaten sa?, schien ihr beruhigend. Sie nickte K., der sie starr ansah, l?chelnd zu. »Hole Block«, sagte der Advokat. Statt ihn aber zu holen, trat sie nur vor die T?r, rief: »Block! Zum Advokaten!« und schl?pfte dann, wahrscheinlich weil der Advokat zur Wand abgekehrt blieb und sich um nichts k?mmerte, hinter K.s Sessel. Sie st?rte ihn von nun ab, indem sie sich ?ber die Sessellehne vorbeugte oder mit den H?nden, allerdings sehr zart und vorsichtig, durch sein Haar fuhr und ?ber seine Wangen strich. Schlie?lich suchte K. sie daran zu hindern, indem er sie bei einer Hand erfa?te, die sie ihm nach einigem Widerstreben ?berlie?.
Block war auf den Anruf hin gleich gekommen, blieb aber vor der T?r stehen und schien zu ?berlegen, ob er eintreten sollte. Er zog die Augenbrauen hoch und neigte den Kopf, als horche er, ob sich der Befehl, zum Advokaten zu kommen, wiederholen w?
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K. war, als der Advokat geendet hatte, vollst?ndig gefa?t, er hatte sogar zu den letzten Worten auffallend genickt und sich so selbst die Best?tigung seiner alten Ansicht gegeben, nach welcher der Advokat ihn immer und so auch diesmal durch allgemeine Mitteilungen, die nicht zur Sache geh?rten, zu zerstreuen und von der Hauptfrage, was er an tats?chlicher Arbeit f?r K.s Sache getan hatte, abzulenken suchte. Der Advokat merkte wohl, da? ihm K. diesmal mehr Widerstand leistete als sonst, denn er verstummte jetzt, um K. die M?glichkeit zu geben, selbst zu sprechen, und fragte dann, da K. stumm blieb: »Sind Sie heute mit einer bestimmten Absicht zu mir gekommen?« »Ja«, sagte K. und blendete mit der Hand ein wenig die Kerze ab, um den Advokaten besser zu sehen, »ich wollte Ihnen sagen, da? ich Ihnen mit dem heutigen Tage meine Vertretung entziehe.« »Verstehe ich Sie recht?« fragte der Advokat, erhob sich halb im Bett und st?tzte sich mit einer Hand auf die Kissen. »Ich nehme es an«, sagte K., der straff aufgerichtet, wie auf der Lauer, dasa?. »Nun, wir k?nnen ja auch diesen Plan besprechen«, sagte der Advokat nach einem Weilchen. »Es ist kein Plan mehr«, sagte K. »Mag sein«, sagte der Advokat, »wir wollen aber trotzdem nichts ?bereilen.« Er gebrauchte das Wort »wir«, als habe er nicht die Absicht, K. freizulassen, und als wolle er, wenn er schon nicht sein Vertreter sein d?rfte, wenigstens sein Berater bleiben. »Es ist nicht ?bereilt«, sagte K., stand langsam auf und trat hinter seinen Sessel, »es ist gut ?berlegt und vielleicht sogar zu lange. Der Entschlu? ist endg?ltig.« »Dann erlauben Sie mir nur noch einige Worte«, sagte der Advokat, hob das Federbett weg und setzte sich auf den Bettrand. Seine nackten, wei?haarigen Beine zitterten vor K?lte. Er bat K., ihm vom Kanapee eine Decke zu reichen. K. holte die Decke und sagte: »Sie setzten sich ganz unn?tig einer Verk?hlung aus.« »Der Anla? ist wichtig genug«, sagte der Advokat, w?hrend er mit dem Federbett den Oberk?rper umh?llte und dann die Beine in die Decke einwickelte. »Ihr Onkel ist mein Freund, und auch Sie sind mir im Laufe der Zeit lieb geworden. Ich gestehe das offen ein. Ich brauche mich dessen nicht zu sch?men.« Diese r?hrseligen Reden des alten Mannes waren K. sehr unwillkommen, denn sie zwangen ihn zu einer ausf?hrlicheren Erkl?rung, die er gern vermieden h?tte, und sie beirrten ihn au?erdem, wie er sich offen eingestand, wenn sie allerdings auch seinen Entschlu? niemals r?ckg?ngig machen konnten. »Ich danke Ihnen f?r Ihre freundliche Gesinnung«, sagte er, »ich erkenne auch an, da? Sie sich meiner Sache so sehr angenommen haben, wie es Ihnen m?glich ist und wie es Ihnen f?r mich vorteilhaft scheint. Ich jedoch habe in der letzten Zeit die ?berzeugung gewonnen, da? das nicht gen?gend ist. Ich werde nat?rlich niemals versuchen, Sie, einen soviel ?lteren und erfahreneren Mann, von meiner Ansicht ?berzeugen zu wollen; wenn ich es manchmal unwillk?rlich versucht habe, so verzeihen Sie mir, die Sache aber ist, wie Sie sich selbst ausdr?ckten, wichtig genug, und es ist meiner ?berzeugung nach notwendig, viel kr?ftiger in den Proze? einzugreifen, als es bisher geschehen ist.« »Ich verstehe Sie«, sagte der Advokat, »Sie sind ungeduldig.« »Ich bin nicht ungeduldig«, sagte K. ein wenig gereizt und achtete nicht mehr soviel auf seine Worte. »Sie d?rften bei meinem ersten Besuch, als ich mit meinem Onkel zu Ihnen kam, bemerkt haben, da? mir an dem Proze? nicht viel lag, wenn man mich nicht gewisserma?en gewaltsam an ihn erinnerte, verga? ich ihn vollst?ndig. Aber mein Onkel bestand darauf, da? ich Ihnen meine Vertretung ?bergebe, ich tat es, um ihm gef?llig zu sein. Und nun h?tte man doch erwarten sollen, da? mir der Proze? noch leichter fallen w?rde als bis dahin, denn man ?bergibt doch dem Advokaten die Vertretung, um die Last des Prozesses ein wenig von sich abzuw?lzen. Es geschah aber das Gegenteil. Niemals fr?her hatte ich so gro?e Sorgen wegen des Prozesses wie seit der Zeit, seitdem Sie mich vertreten. Als ich allein war, unternahm ich nichts in meiner Sache, aber ich f?hlte es kaum, jetzt dagegen hatte ich einen Vertreter, alles war daf?r eingerichtet, da? etwas geschehe, unaufh?rlich und immer gespannter erwartete ich Ihr Eingreifen, aber es blieb aus. Ich bekam von Ihnen allerdings verschiedene Mitteilungen ?ber das Gericht, die ich vielleicht von niemandem sonst h?tte bekommen k?nnen. Aber das kann mir nicht gen?gen, wenn mir jetzt der Proze?, f?rmlich im geheimen, immer n?her an den Leib r?ckt.« K. hatte den Sessel von sich gesto?en und stand, die H?nde in den Rocktaschen, aufrecht da. »Von einem gewissen Zeitpunkt der Praxis an«, sagte der Advokat leise und ruhig, »ereignet sich nichts wesentlich Neues mehr. Wie viele Parteien sind in ?hnlichen Stadien der Prozesse ?hnlich wie Sie vor mir gestanden und haben ?hnlich gesprochen!« »Dann haben«, sagte K., »alle diese ?hnlichen Parteien ebenso recht gehabt wie ich. Das widerlegt mich gar nicht.« »Ich wollte Sie damit nicht widerlegen«, sagte der Advokat, »ich wollte aber noch hinzuf?gen, da? ich bei Ihnen mehr Urteilskraft erwartet h?tte als bei den anderen, besonders da ich Ihnen mehr Einblick in das Gerichtswesen und in meine T?tigkeit gegeben habe, als ich es sonst Parteien gegen?ber tue. Und nun mu? ich sehen, da? Sie trotz allem nicht gen?gend Vertrauen zu mir haben. Sie machen es mir nicht leicht.« Wie sich der Advokat vor K. dem?tigte! Ohne jede R?cksicht auf die Standesehre, die gewi? gerade in diesem Punkte am empfindlichsten ist. Und warum tat er das? Er war doch dem Anschein nach ein vielbesch?ftigter Advokat und ?berdies ein reicher Mann, es konnte ihm an und f?r sich weder an dem Verdienstentgang noch an dem Verlust eines Klienten viel liegen. Au?erdem war er kr?nklich und h?tte selbst darauf bedacht sein sollen, da? ihm Arbeit abgenommen werde. Und trotzdem hielt er K. so fest! Warum? War es pers?nliche Anteilnahme f?r den Onkel oder sah er K.s Proze? wirklich f?r so au?erordentlich an und hoffte, sich darin auszuzeichnen, entweder f?r K. oder – diese M?glichkeit war eben niemals auszuschlie?en – f?r die Freunde beim Gericht? An ihm selbst war nichts zu erkennen, so r?cksichtslos ihn auch K. ansah. Man h?tte fast annehmen k?nnen, er warte mit absichtlich verschlossener Miene die Wirkung seiner Worte ab. Aber er deutete offenbar das Schweigen K.s f?r sich allzu g?nstig, wenn er jetzt fortfuhr: »Sie werden bemerkt haben, da? ich zwar eine gro?e Kanzlei habe, aber keine Hilfskr?fte besch?ftige. Das war fr?her anders, es gab eine Zeit, wo einige junge Juristen f?r mich arbeiteten, heute arbeite ich allein. Es h?ngt dies zum Teil mit der ?nderung meiner Praxis zusammen, indem ich mich immer mehr auf Rechtssachen von der Art der Ihrigen beschr?nke, zum Teil mit der immer tieferen Erkenntnis, die ich von diesen Rechtssachen erhielt. Ich fand, da? ich diese Arbeit niemandem ?berlassen d?rfe, wenn ich mich nicht an meinen Klienten und an der Aufgabe, die ich ?bernommen hatte, vers?ndigen wollte. Der Entschlu? aber, alle Arbeit selbst zu leisten, hatte die nat?rlichen Folgen: ich mu?te fast alle Ansuchen um Vertretungen abweisen und konnte nur denen nachgeben, die mir besonders nahegingen – nun, es gibt ja genug Kreaturen, und sogar ganz in der N?he, die sich auf jeden Brocken st?rzen, den ich wegwerfe. Und au?erdem wurde ich vor ?beranstrengung krank. Aber trotzdem bereue ich meinen Entschlu? nicht, es ist m?glich, da? ich mehr Vertretungen h?tte abweisen sollen, als ich getan habe, da? ich aber den ?bernommenen Prozessen mich ganz hingegeben habe, hat sich als unbedingt notwendig herausgestellt und durch die Erfolge belohnt. Ich habe einmal in einer Schrift den Unterschied sehr sch?n ausgedr?ckt gefunden, der zwischen der Vertretung in gew?hnlichen Rechtssachen und der Vertretung in diesen Rechtssachen besteht. Es hie? dort: der Advokat f?hrt seinen Klienten an einem Zwirnsfaden bis zum Urteil, der andere aber hebt seinen Klienten gleich auf die Schultern und tr?gt ihn, ohne ihn abzusetzen, zum Urteil und noch dar?ber hinaus. So ist es. Aber es war nicht ganz richtig, wenn ich sagte, da? ich diese gro?e Arbeit niemals bereue. Wenn sie, wie in Ihrem Fall, so vollst?ndig verkannt wird, dann, nun dann bereue ich fast.« K. wurde durch diese Reden mehr ungeduldig als ?berzeugt. Er glaubte irgendwie aus dem Tonfall des Advokaten herauszuh?ren, was ihn erwartete, wenn er nachg?be, wieder w?rden Vertr?stungen beginnen, die Hinweise auf die fortschreitende Eingabe, auf die gebesserte Stimmung der Gerichtsbeamten, aber auch auf die gro?en Schwierigkeiten, die sich der Arbeit entgegenstellten, – kurz, all das bis zum ?berdru? Bekannte w?rde hervorgeholt werden, um K. wieder mit unbestimmten Hoffnungen zu t?uschen und mit unbestimmten Drohungen zu qu?len. Das mu?te endg?ltig verhindert werden, er sagte deshalb: »Was wollen Sie in meiner Sache unternehmen, wenn Sie die Vertretung behalten?« Der Advokat f?gte sich sogar dieser beleidigenden Frage und antwortete: »In dem, was ich f?r Sie bereits unternommen habe, weiter fortfahren.« »Ich wu?te es ja«, sagte K., »nun ist aber jedes weitere Wort ?berfl?ssig.« »Ich werde noch einen Versuch machen«, sagte der Advokat, als geschehe das, was K. erregte, nicht K., sondern ihm. »Ich habe n?mlich die Vermutung, da? Sie nicht nur zu der falschen Beurteilung meines Rechtsbeistandes, sondern auch zu Ihrem sonstigen Verhalten dadurch verleitet werden, da? man Sie, obwohl Sie Angeklagter sind, zu gut behandelt oder, richtiger ausgedr?ckt, nachl?ssig, scheinbar nachl?ssig behandelt. Auch dieses letztere hat seinen Grund; es ist oft besser, in Ketten, als frei zu sein. Aber ich m?chte Ihnen doch zeigen, wie andere Angeklagte behandelt werden, vielleicht gelingt es Ihnen, daraus eine Lehre zu nehmen. Ich werde jetzt n?mlich Block vorrufen, sperren Sie die T?r auf und setzen Sie sich hier neben den Nachttisch!« »Gerne«, sagte K. und tat, was der Advokat verlangt hatte; zu lernen war er immer bereit. Um sich aber f?r jeden Fall zu sichern, fragte er noch: »Sie haben aber zur Kenntnis genommen, da? ich Ihnen meine Vertretung entziehe?« »Ja«, sagte der Advokat, »Sie k?nnen es aber heute noch r?ckg?ngig machen.« Er legte sich wieder ins Bett zur?ck, zog das Federbett bis zum Kinn und drehte sich der Wand zu. Dann l?utete er.
Fast gleichzeitig mit dem Glockenzeichen erschien Leni, sie suchte durch rasche Blicke zu erfahren, was geschehen war; da? K. ruhig beim Bett des Advokaten sa?, schien ihr beruhigend. Sie nickte K., der sie starr ansah, l?chelnd zu. »Hole Block«, sagte der Advokat. Statt ihn aber zu holen, trat sie nur vor die T?r, rief: »Block! Zum Advokaten!« und schl?pfte dann, wahrscheinlich weil der Advokat zur Wand abgekehrt blieb und sich um nichts k?mmerte, hinter K.s Sessel. Sie st?rte ihn von nun ab, indem sie sich ?ber die Sessellehne vorbeugte oder mit den H?nden, allerdings sehr zart und vorsichtig, durch sein Haar fuhr und ?ber seine Wangen strich. Schlie?lich suchte K. sie daran zu hindern, indem er sie bei einer Hand erfa?te, die sie ihm nach einigem Widerstreben ?berlie?.
Block war auf den Anruf hin gleich gekommen, blieb aber vor der T?r stehen und schien zu ?berlegen, ob er eintreten sollte. Er zog die Augenbrauen hoch und neigte den Kopf, als horche er, ob sich der Befehl, zum Advokaten zu kommen, wiederholen w?
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