mmern wollte. Falls er sich aber umdrehte, war er festgehalten, denn dann hatte er das Gest?ndnis gemacht, da? er gut verstanden hatte, da? er wirklich der Angerufene war und da? er auch folgen wollte. H?tte der Geistliche nochmals gerufen, w?re K. gewi? fortgegangen, aber da alles still blieb, solange K. auch wartete, drehte er doch ein wenig den Kopf, denn er wollte sehen, was der Geistliche jetzt mache. Er stand ruhig auf der Kanzel wie fr?her, es war aber deutlich zu sehen, da? er K.s Kopfwendung bemerkt hatte. Es w?re ein kindliches Versteckenspiel gewesen, wenn sich jetzt K. nicht vollst?ndig umgedreht h?tte. Er tat es und wurde vom Geistlichen durch ein Winken des Fingers n?her gerufen. Da jetzt alles offen geschehen konnte, lief er – er tat es auch aus Neugierde und um die Angelegenheit abzuk?rzen – mit langen, fliegenden Schritten der Kanzel entgegen. Bei den ersten B?nken machte er halt, aber dem Geistlichen schien die Entfernung noch zu gro?, er streckte die Hand aus und zeigte mit dem scharf gesenkten Zeigefinger auf eine Stelle knapp vor der Kanzel. K. folgte auch darin, er mu?te auf diesem Platz den Kopfschon weit zur?ckbeugen, um den Geistlichen noch zu sehen. »Du bist Josef K.«, sagte der Geistliche und erhob eine Hand auf der Br?stung in einer unbestimmten Bewegung. »Ja«, sagte K., er dachte daran, wie offen er fr?her immer seinen Namen genannt hatte, seit einiger Zeit war er ihm eine Last, auch kannten jetzt seinen Namen Leute, mit denen er zum erstenmal zusammenkam, wie sch?n war es, sich zuerst vorzustellen und dann erst gekannt zu werden. »Du bist angeklagt«, sagte der Geistliche besonders leise. »Ja«, sagte K., »man hat mich davon verst?ndigt.« »Dann bist du der, den ich suche«, sagte der Geistliche. »Ich bin der Gef?ngniskaplan.« »Ach so«, sagte K. »Ich habe dich hierher rufen lassen«, sagte der Geistliche, »um mit dir zu sprechen.« »Ich wu?te es nicht«, sagte K. »Ich bin hierhergekommen, um einem Italiener den Dom zu zeigen.« »La? das Nebens?chliche«, sagte der Geistliche. »Was h?ltst du in der Hand? Ist es ein Gebetbuch?« »Nein«, antwortete K., »es ist ein Album der st?dtischen Sehensw?rdigkeiten.« »Leg es aus der Hand«, sagte der Geistliche. K. warf es so heftig weg, da? es aufklappte und mit zerdr?ckten Bl?ttern ein St?ck ?ber den Boden schleifte. »Wei?t du, da? dein Proze? schlecht steht?« fragte der Geistliche. »Es scheint mir auch so«, sagte K. »Ich habe mir alle M?he gegeben, bisher aber ohne Erfolg. Allerdings habe ich die Eingabe noch nicht fertig.« »Wie stellst du dir das Ende vor?« fragte der Geistliche. »Fr?her dachte ich, es m?sse gut enden«, sagte K., »jetzt zweifle ich daran manchmal selbst. Ich wei? nicht, wie es enden wird. Wei?t du es?« »Nein«, sagte der Geistliche, »aber ich f?rchte, es wird schlecht enden. Man h?lt dich f?r schuldig. Dein Proze? wird vielleicht ?ber ein niedriges Gericht gar nicht hinauskommen. Man h?lt wenigstens vorl?ufig deine Schuld f?r erwiesen.« »Ich bin aber nicht schuldig«, sagte K., »es ist ein Irrtum. Wie kann denn ein Mensch ?berhaupt schuldig sein. Wir sind hier doch alle Menschen, einer wie der andere.« »Das ist richtig«, sagte der Geistliche, »aber so pflegen die Schuldigen zu reden.« »Hast auch du ein Vorurteil gegen mich?« fragte K. »Ich habe kein Vorurteil gegen dich«, sagte der Geistliche. »Ich danke dir«, sagte K., »alle anderen aber, die an dem Verfahren beteiligt sind, haben ein Vorurteil gegen mich. Sie fl??en es auch den Unbeteiligten ein. Meine Stellung wird immer schwieriger.« »Du mi?verstehst die Tatsachen«, sagte der Geistliche, »das Urteil kommt nicht mit einemmal, das Verfahren geht allm?hlich ins Urteil ?ber.« »So ist es also«, sagte K. und senkte den Kopf. »Was willst du n?chstens in deiner Sache tun?« fragte der Geistliche. »Ich will noch Hilfe suchen«, sagte K. und hob den Kopf, um zu sehen, wie der Geistliche es beurteile. »Es gibt noch gewisse M?glichkeiten, die ich nicht ausgen?tzt habe.« »Du suchst zuviel fremde Hilfe«, sagte der Geistliche mi?billigend, »und besonders bei Frauen. Merkst du denn nicht, da? es nicht die wahre Hilfe ist?« »Manchmal und sogar oft k?nnte ich dir recht geben«, sagte K., »aber nicht immer. Die Frauen haben eine gro?e Macht. Wenn ich einige Frauen, die ich kenne, dazu bewegen k?nnte, gemeinschaftlich f?r mich zu arbeiten, m??te ich durchdringen. Besonders bei diesem Gericht, das fast nur aus Frauenj?gern besteht. Zeig dem Untersuchungsrichter eine Frau aus der Ferne, und er ?berrennt, um nur rechtzeitig hinzukommen, den Gerichtstisch und den Angeklagten.« Der Geistliche neigte den Kopf zur Br?stung, jetzt erst schien die ?berdachung der Kanzel ihn niederzudr?cken. Was f?r ein Unwetter mochte drau?en sein? Das war kein tr?ber Tag mehr, das war schon tiefe Nacht. Keine Glasmalerei der gro?en Fenster war imstande, die dunkle Wand auch nur mit einem Schimmer zu unterbrechen. Und gerade jetzt begann der Kirchendiener, die Kerzen auf dem Hauptaltar, eine nach der anderen, auszul?schen. »Bist du mir b?se?« fragte K. den Geistlichen. »Du wei?t vielleicht nicht, was f?r einem Gericht du dienst.« Er bekam keine Antwort. »Es sind doch nur meine Erfahrungen«, sagte K. Oben blieb es noch immer still. »Ich wollte dich nicht beleidigen«, sagte K. Da schrie der Geistliche zu K. hinunter: »Siehst du denn nicht zwei Schritte weit?« Es war im Zorn geschrien, aber gleichzeitig wie von einem, der jemanden fallen sieht und, weil er selbst erschrocken ist, unvorsichtig, ohne Willen schreit.
Nun schwiegen beide lange. Gewi? konnte der Geistliche in dem Dunkel, das unten herrschte, K. nicht genau erkennen, w?hrend K. den Geistlichen im Licht der kleinen Lampe deutlich sah. Warum kam der Geistliche nicht herunter? Eine Predigt hatte er ja nicht gehalten, sondern K. nur einige Mitteilungen gemacht, die ihm, wenn er sie genau beachtete, wahrscheinlich mehr schaden als n?tzen w?rden. Wohl aber schien K. die gute Absicht des Geistlichen zweifellos zu sein, es war nicht unm?glich, da? er sich mit ihm, wenn er herunterk?me, einigen w?rde, es war nicht unm?glich, da? er von ihm einen entscheidenden und annehmbaren Rat bek?me, der ihm zum Beispiel zeigen w?rde, nicht etwa wie der Proze? zu beeinflussen war, sondern wie man aus dem Proze? ausbrechen, wie man ihn umgehen, wie man au?erhalb des Prozesses leben k?nnte. Diese M?glichkeit mu?te bestehen, K. hatte in der letzten Zeit ?fters an sie gedacht. Wu?te aber der Geistliche eine solche M?glichkeit, w?rde er sie vielleicht, wenn man ihn darum bat, verraten, obwohl er selbst zum Gerichte geh?rte und obwohl er, als K. das Gericht angegriffen hatte, sein sanftes Wesen unterdr?ckt und K. sogar angeschrien hatte.
»Willst du nicht herunterkommen?« sagte K. »Es ist doch keine Predigt zu halten. Komm zu mir herunter.« »Jetzt kann ich schon kommen«, sagte der Geistliche, er bereute vielleicht sein Schreien. W?hrend er die Lampe von ihrem Haken l?ste, sagte er: »Ich mu?te zuerst aus der Entfernung mit dir sprechen. Ich lasse mich sonst zu leicht beeinflussen und vergesse meinen Dienst.«
K. erwartete ihn unten an der Treppe. Der Geistliche streckte ihm schon von einer oberen Stufe im Hinuntergehen die Hand entgegen. »Hast du ein wenig Zeit f?r mich?« fragte K. »Soviel Zeit, als du brauchst«, sagte der Geistliche und reichte K. die kleine Lampe, damit er sie trage. Auch in der N?he verlor sich eine gewisse Feierlichkeit aus seinem Wesen nicht. »Du bist sehr freundlich zu mir«, sagte K., sie gingen nebeneinander im dunklen Seitenschiff auf und ab. »Du bist eine Ausnahme unter allen, die zum Gericht geh?ren. Ich habe mehr Vertrauen zu dir als zu irgend jemandem von ihnen, so viele ich schon kenne. Mit dir kann ich offen reden.« »T?usche dich nicht«, sagte der Geistliche. »Worin sollte ich mich denn t?uschen?« fragte K. »In dem Gericht t?uschst du dich«, sagte der Geistliche, »in den einleitenden Schriften zum Gesetz hei?t es von dieser T?uschung: Vor dem Gesetz steht ein T?rh?ter. Zu diesem T?rh?ter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der T?rh?ter sagt, da? er ihm jetzt den Eintritt nicht gew?hren k?nne. Der Mann ?berlegt und fragt dann, ob er also sp?ter werde eintreten d?rfen. ›Es ist m?glich‹, sagt der T?rh?ter, ›jetzt aber nicht‹. Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der T?rh?ter beiseite tritt, b?ckt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehen. Als der T?rh?ter das merkt, lacht er und sagt: ›Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meinem Verbot hineinzugehen. Merke aber: Ich bin m?chtig. Und ich bin nur der unterste T?rh?ter. Von Saal zu Saal stehen aber T?rh?ter, einer m?chtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr vertragen.‹ Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet, das Gesetz soll doch jedem und immer zug?nglich sein, denkt er, aber als er jetzt den T?rh?ter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine gro?e Spitznase, den langen, d?nnen, schwarzen, tartarischen Bart, entschlie?t er sich doch, lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der T?rh?ter gibt ihm einen Schemel und l??t ihn seitw?rts von der T?r sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Jahre. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden und erm?det den T?rh?ter durch seine Bitten. Der T?rh?ter stellt ?fters kleine Verh?re mit ihm an, fragte ihn nach seiner Heimat aus und nach vielem anderen, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie gro?e Herren stellen, und zum Schlusse sagte er ihm immer wieder, da? er ihn noch nicht einlassen k?nne. Der Mann, der sich f?r seine Reise mit vielem ausger?stet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den T?rh?ter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: ›Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas vers?umt zu haben.‹ W?hrend der vielen Jahre beobachtete der Mann den T?rh?ter fast ununterbrochen. Er vergi?t die anderen T?rh?ter, und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis f?r den Eintritt in das Gesetz. Er verflucht den ungl?cklichen Zufall in den ersten Jahren laut, sp?ter, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Er wird kindisch, und da er in dem jahrelangen Studium des T?rh?ters auch die Fl?he in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Fl?he, ihm zu helfen und den T?rh?ter umzustimmen. Schlie?lich wird sein Augenlicht schwach, und er wei? nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird oder ob ihn nur die Augen t?uschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverl?schlich aus der T?re des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen ter ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den T?rh?ter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden K?rper nicht mehr aufrichten kann. Der T?rh?ter mu? sich tief zu ihm hinuntemeigen, denn die Gr??enunterschiede haben sich sehr zuungunsten des Mannes ver?ndert. ›Was willst du denn jetzt noch wissen?‹ fragt der T?rh?ter, ›du bist uners?ttlich.‹ ›Alle streben doch nach dem Gesetz‹, sagt der Mann, ›wie kommt es, da? in den vielen Jahren niemand au?er mir Einla? verlangt hat?‹ Der T?rh?ter erkennt, da? der Mann schon am Ende ist, und um sein vergehendes Geh?r noch zu erreichen, br?llt er ihn an: ›Hier konnte niemand sonst Einla? erhalten, denn dieser Eingang war nur f?r dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schlie?e ihn.‹«
»Der T?rh?ter hat also den Mann get?uscht«, sagte K. sofort, von der Geschichte sehr stark angezogen. »Sei nicht ?bereilt«, sagte der Geistliche, »?bernimm nicht die fremde Meinung ungepr?ft. Ich habe dir die Geschichte im Wortlaut der Schrift erz?hlt. Von T?uschung steht darin nichts.« »Es ist aber klar«, sagte K., »und deine erste Deutung war ganz richtig. Der T?rh?ter hat die erl?sende Mitteilung erst dann gemacht, als sie dem Manne nicht mehr helfen konnte.« »Er wurde nicht fr?her gefragt«, sagte der Geistliche, »bedenke auch, da? er nur T?rh?ter war, und als solcher hat er seine Pflicht erf?llt.« »Warum glaubst du, da? er seine Pflicht erf?llt hat?« fragte K., »er hat sie nicht erf?llt. Seine Pflicht war es vielleicht, alle Fremden abzuwehren, diesen Mann aber, f?r den der Eingang bestimmt war, h?tte er einlassen m?ssen.« »Du hast nicht genug Achtung vor der Schrift und ver?nderst die Geschichte«, sagte der Geistliche. »Die Geschichte enth?lt ?ber den Einla? ins Gesetz zwei wichtige Erkl?rungen des T?rh?ters, eine am Anfang, eine am Ende. Die eine Stelle lautet: da? er ihm jetzt den Eintritt nicht gew?hren k?nne, und die andere: dieser Eingang war nur f?r dich bestimmt. Best?nde zwischen diesen beiden Erkl?rungen ein Widerspruch, dann h?ttest du recht, und der T?rh?ter h?tte den Mann get?uscht. Nun besteht aber kein Widerspruch. Im Gegenteil, die erste Erkl?rung deutet sogar auf die zweite hin.
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Nun schwiegen beide lange. Gewi? konnte der Geistliche in dem Dunkel, das unten herrschte, K. nicht genau erkennen, w?hrend K. den Geistlichen im Licht der kleinen Lampe deutlich sah. Warum kam der Geistliche nicht herunter? Eine Predigt hatte er ja nicht gehalten, sondern K. nur einige Mitteilungen gemacht, die ihm, wenn er sie genau beachtete, wahrscheinlich mehr schaden als n?tzen w?rden. Wohl aber schien K. die gute Absicht des Geistlichen zweifellos zu sein, es war nicht unm?glich, da? er sich mit ihm, wenn er herunterk?me, einigen w?rde, es war nicht unm?glich, da? er von ihm einen entscheidenden und annehmbaren Rat bek?me, der ihm zum Beispiel zeigen w?rde, nicht etwa wie der Proze? zu beeinflussen war, sondern wie man aus dem Proze? ausbrechen, wie man ihn umgehen, wie man au?erhalb des Prozesses leben k?nnte. Diese M?glichkeit mu?te bestehen, K. hatte in der letzten Zeit ?fters an sie gedacht. Wu?te aber der Geistliche eine solche M?glichkeit, w?rde er sie vielleicht, wenn man ihn darum bat, verraten, obwohl er selbst zum Gerichte geh?rte und obwohl er, als K. das Gericht angegriffen hatte, sein sanftes Wesen unterdr?ckt und K. sogar angeschrien hatte.
»Willst du nicht herunterkommen?« sagte K. »Es ist doch keine Predigt zu halten. Komm zu mir herunter.« »Jetzt kann ich schon kommen«, sagte der Geistliche, er bereute vielleicht sein Schreien. W?hrend er die Lampe von ihrem Haken l?ste, sagte er: »Ich mu?te zuerst aus der Entfernung mit dir sprechen. Ich lasse mich sonst zu leicht beeinflussen und vergesse meinen Dienst.«
K. erwartete ihn unten an der Treppe. Der Geistliche streckte ihm schon von einer oberen Stufe im Hinuntergehen die Hand entgegen. »Hast du ein wenig Zeit f?r mich?« fragte K. »Soviel Zeit, als du brauchst«, sagte der Geistliche und reichte K. die kleine Lampe, damit er sie trage. Auch in der N?he verlor sich eine gewisse Feierlichkeit aus seinem Wesen nicht. »Du bist sehr freundlich zu mir«, sagte K., sie gingen nebeneinander im dunklen Seitenschiff auf und ab. »Du bist eine Ausnahme unter allen, die zum Gericht geh?ren. Ich habe mehr Vertrauen zu dir als zu irgend jemandem von ihnen, so viele ich schon kenne. Mit dir kann ich offen reden.« »T?usche dich nicht«, sagte der Geistliche. »Worin sollte ich mich denn t?uschen?« fragte K. »In dem Gericht t?uschst du dich«, sagte der Geistliche, »in den einleitenden Schriften zum Gesetz hei?t es von dieser T?uschung: Vor dem Gesetz steht ein T?rh?ter. Zu diesem T?rh?ter kommt ein Mann vom Lande und bittet um Eintritt in das Gesetz. Aber der T?rh?ter sagt, da? er ihm jetzt den Eintritt nicht gew?hren k?nne. Der Mann ?berlegt und fragt dann, ob er also sp?ter werde eintreten d?rfen. ›Es ist m?glich‹, sagt der T?rh?ter, ›jetzt aber nicht‹. Da das Tor zum Gesetz offensteht wie immer und der T?rh?ter beiseite tritt, b?ckt sich der Mann, um durch das Tor in das Innere zu sehen. Als der T?rh?ter das merkt, lacht er und sagt: ›Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meinem Verbot hineinzugehen. Merke aber: Ich bin m?chtig. Und ich bin nur der unterste T?rh?ter. Von Saal zu Saal stehen aber T?rh?ter, einer m?chtiger als der andere. Schon den Anblick des dritten kann nicht einmal ich mehr vertragen.‹ Solche Schwierigkeiten hat der Mann vom Lande nicht erwartet, das Gesetz soll doch jedem und immer zug?nglich sein, denkt er, aber als er jetzt den T?rh?ter in seinem Pelzmantel genauer ansieht, seine gro?e Spitznase, den langen, d?nnen, schwarzen, tartarischen Bart, entschlie?t er sich doch, lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der T?rh?ter gibt ihm einen Schemel und l??t ihn seitw?rts von der T?r sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Jahre. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden und erm?det den T?rh?ter durch seine Bitten. Der T?rh?ter stellt ?fters kleine Verh?re mit ihm an, fragte ihn nach seiner Heimat aus und nach vielem anderen, es sind aber teilnahmslose Fragen, wie sie gro?e Herren stellen, und zum Schlusse sagte er ihm immer wieder, da? er ihn noch nicht einlassen k?nne. Der Mann, der sich f?r seine Reise mit vielem ausger?stet hat, verwendet alles, und sei es noch so wertvoll, um den T?rh?ter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, aber sagt dabei: ›Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas vers?umt zu haben.‹ W?hrend der vielen Jahre beobachtete der Mann den T?rh?ter fast ununterbrochen. Er vergi?t die anderen T?rh?ter, und dieser erste scheint ihm das einzige Hindernis f?r den Eintritt in das Gesetz. Er verflucht den ungl?cklichen Zufall in den ersten Jahren laut, sp?ter, als er alt wird, brummt er nur noch vor sich hin. Er wird kindisch, und da er in dem jahrelangen Studium des T?rh?ters auch die Fl?he in seinem Pelzkragen erkannt hat, bittet er auch die Fl?he, ihm zu helfen und den T?rh?ter umzustimmen. Schlie?lich wird sein Augenlicht schwach, und er wei? nicht, ob es um ihn wirklich dunkler wird oder ob ihn nur die Augen t?uschen. Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverl?schlich aus der T?re des Gesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinem Kopfe alle Erfahrungen ter ganzen Zeit zu einer Frage, die er bisher an den T?rh?ter noch nicht gestellt hat. Er winkt ihm zu, da er seinen erstarrenden K?rper nicht mehr aufrichten kann. Der T?rh?ter mu? sich tief zu ihm hinuntemeigen, denn die Gr??enunterschiede haben sich sehr zuungunsten des Mannes ver?ndert. ›Was willst du denn jetzt noch wissen?‹ fragt der T?rh?ter, ›du bist uners?ttlich.‹ ›Alle streben doch nach dem Gesetz‹, sagt der Mann, ›wie kommt es, da? in den vielen Jahren niemand au?er mir Einla? verlangt hat?‹ Der T?rh?ter erkennt, da? der Mann schon am Ende ist, und um sein vergehendes Geh?r noch zu erreichen, br?llt er ihn an: ›Hier konnte niemand sonst Einla? erhalten, denn dieser Eingang war nur f?r dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schlie?e ihn.‹«
»Der T?rh?ter hat also den Mann get?uscht«, sagte K. sofort, von der Geschichte sehr stark angezogen. »Sei nicht ?bereilt«, sagte der Geistliche, »?bernimm nicht die fremde Meinung ungepr?ft. Ich habe dir die Geschichte im Wortlaut der Schrift erz?hlt. Von T?uschung steht darin nichts.« »Es ist aber klar«, sagte K., »und deine erste Deutung war ganz richtig. Der T?rh?ter hat die erl?sende Mitteilung erst dann gemacht, als sie dem Manne nicht mehr helfen konnte.« »Er wurde nicht fr?her gefragt«, sagte der Geistliche, »bedenke auch, da? er nur T?rh?ter war, und als solcher hat er seine Pflicht erf?llt.« »Warum glaubst du, da? er seine Pflicht erf?llt hat?« fragte K., »er hat sie nicht erf?llt. Seine Pflicht war es vielleicht, alle Fremden abzuwehren, diesen Mann aber, f?r den der Eingang bestimmt war, h?tte er einlassen m?ssen.« »Du hast nicht genug Achtung vor der Schrift und ver?nderst die Geschichte«, sagte der Geistliche. »Die Geschichte enth?lt ?ber den Einla? ins Gesetz zwei wichtige Erkl?rungen des T?rh?ters, eine am Anfang, eine am Ende. Die eine Stelle lautet: da? er ihm jetzt den Eintritt nicht gew?hren k?nne, und die andere: dieser Eingang war nur f?r dich bestimmt. Best?nde zwischen diesen beiden Erkl?rungen ein Widerspruch, dann h?ttest du recht, und der T?rh?ter h?tte den Mann get?uscht. Nun besteht aber kein Widerspruch. Im Gegenteil, die erste Erkl?rung deutet sogar auf die zweite hin.
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